Schulterzüge können dir in Routen jeder Schwierigkeit begegnen. Sei es im einfachsten Einsteigerboulder oder in einem Brett, das nur für Kletterer mit jahrelanger Erfahrung machbar ist. Doch obwohl diese Technik dadurch zu den absoluten Basics des Kletterns gehört, haben viele Leute Probleme mit ihr. Dabei kommt ihnen längst nicht immer mangelnde Schulterkraft in die Quere. Passt die Körperposition nicht und fehlt die Unterstützung aus den Beinen, können selbst vergleichsweise leichte Schulterzüge zu Rausschmeißern werden. Im Umkehrschluss macht die richtige Technik aber einen gewaltigen Unterschied und kann – wie so oft beim Bouldern – den notwendigen Krafteinsatz deutlich reduzieren.
Was ist ein Schulterzug?
Schulterzüge kommen in verschiedensten Varianten an der Wand vor. In den meisten Fällen tauchen sie aber auf, wenn du es beim Klettern mit einem Griff zu tun bekommst, der zu deinem Körper hin geöffnet ist und dich zwingt, Zug vom Körper weg aufzubauen. Gern wird das von Routenbauern mit einem weiten Folgezug kombiniert. Willst du den nächsten Griff bekommen, musst du dann gelegentlich sogar vom Ziehen ins Schieben übergehen.
Es kommt aber auch vor, dass Schulterzüge in die umgekehrte Richtung funktionieren. Dabei bewegt man sich während des Zugs nicht vom Griff weg, sondern verlagert den Körper während der Bewegung in Richtung des Griffs. Dann spricht man davon, sich in den Griff hineinzulegen. In beiden Fällen bekommt die Schulter ordentlich zu tun. Es ist deshalb naheliegend, es auf fehlende Kraft in der Schulterpartie zu schieben, wenn so ein Zug einmal nicht funktionieren will. Und natürlich ist das ein möglicher Grund – wenn alle anderen Schlüsselelemente passen.
Der Einfluss der Körperposition
Zu diesen Schlüsselelementen gehört die richtige Position des Körpers. Sie hat großen Einfluss darauf, wie stark die Muskulatur tatsächlich arbeiten muss, um den Zug zu absolvieren. Wie die richtige Position aussieht, hängt davon ab, ob du zum Schultergriff hin oder von ihm weggekletterst.
Kletterst du vom Griff weg und musst dich aus der Schulter herausschieben, geht es in erster Linie darum, diese durch Gewichtsverlagerung zu entlasten. Das gelingt dir, indem du einen Großteil deines Körpergewichts von den Füßen tragen lässt. Nötig ist dafür, dass du deine Hüfte in Richtung des Tritts schiebst, auf dem du am Ende des Zuges stehen wirst – und das noch bevor du anfängst, dich wirklich aus der Schulter zu bewegen. Du kannst zum Beispiel versuchen, dich auf dem Tritt aufzuhocken und deinen Körper über ihm auszubalancieren. Hat das geklappt, beginnst du, den Oberkörper mit der Kraft deiner Schulter in Richtung des Zielgriffs zu schieben. Weil ein Großteil des Körpergewichts schon auf dem Fuß steht, muss weniger Masse Kraft der Schulter bewegt werden. Das macht den Zug wesentlich weniger anstrengend.
Kletterst du in den Schultergriff hinein, kommt es eher darauf an, wie die Position der Schulterpartie ausfällt, wenn du den Griff erreichst. Wichtig ist vor allem, ob dein Arm gestreckt oder bereits leicht gebeugt ist. Einen Schultergriff mit gestrecktem Arm zu halten, kann wahnsinnig fordernd sein. Ist der Arm zumindest leicht gebeugt, wird es wesentlich einfacher, mit der Schulter Kraft aufzubauen. Die günstigeren Hebel erleichtern den Zug zusätzlich. Bei weit entfernten Griffen kann es deshalb sogar sein, dass du mit Schwung arbeiten musst, um mit gebeugtem Arm im Griff anzukommen. Ist das der Fall, solltest du versuchen, deinen Körper möglichst nah an den Griff zu bringen, um deine Schulter zu schützen. Mit gestrecktem Arm dynamisch in einem Schultergriff zu landen, ist extrem belastend und birgt ein hohes Verletzungsrisiko .
Rumpf- und Beinarbeit ist die halbe Miete
Dass die Beine in dynamischen Zügen einen großen Anteil an der Bewegung haben, ist selbstverständlich. Dass die Beine aber bei Schulterzügen generell unterstützend eingreifen sollten, ist nicht ganz so offensichtlich. Tatsächlich sind manche Schulterzüge ohne aktive Beinarbeit gar nicht möglich oder sehr viel schwerer. Das klassische Beispiel sind solche Exemplare, bei denen der Schultergriff so schlecht ist, dass man sich mit den Beinen in den Griff drücken muss, um ihn überhaupt halten zu können. Bei schweren Schulterzügen ist das häufig der Fall. Allerdings ist es selbst bei Zügen, bei denen es eher auf die Verlagerung der Hüfte in Richtung Tritt ankommt, möglich und sinnvoll, aktiv mit den Beinen zu arbeiten, um die Schultern zu entlasten. Statt nur mit den Füßen zu stehen, kannst du beispielsweise am Tritt ziehen und so die Bewegung unterstützen.
Aber auch hier gilt: Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. In diesem Fall kann das auch die Körpermitte sein. Hast du zu wenig Spannung im Rumpf, scheiterst du womöglich daran, deine Kraft an die Wand zu bringen, selbst wenn Körperposition und Beineinsatz grundsätzlich passen. Achte deshalb bei für dich anspruchsvollen Schulterzügen darauf, Bauch und Gesäß unter Spannung zu bringen, sobald du die Bewegung beginnst. Berücksichtigst du auch das, solltest du deutlich seltener aus der Wand. Und falls doch, könnte tatsächlich die Kraft deiner Schultern die Ursache sein. Daran kannst du direkt an der Wand arbeiten, indem du bewusst nach Bouldern mit Schulterzügen suchst und diese zu einem regelmäßigen Bestandteil deines Klettertrainings machst. Es gibt aber auch eine Reihe guter Übungen, um deine Schultern stärker und gleichzeitig weniger verletzungsanfällig zu machen.