Campusboarden: drei sichere Übungen für Klettereinsteiger

Auf manche Kletterneulinge wirkt das Campusboard wie ein Honigtopf auf Bienen. Die Leistenleitern wecken offensichtlich den Wunsch, die eigenen Kräfte unter Beweis zu stellen. Sich von Leiste zu Leiste schwingend geht es dann nach oben – mal mehr, mal weniger elegant. Das macht Spaß und sorgt für instagramtaugliche Momentaufnahmen. Was den wenigsten klar ist: Das Campusboard zählt zu den riskantesten Trainingsgeräten im Klettersport und ist für Klettereinsteiger eigentlich nicht unbedingt geeignet. Eigentlich.

Spitzenleistungen durch ein Brett mit Leisten

Keine Frage, am Campusboard zu trainieren macht stark, wenn man es richtig angeht. Kletterlegende Wolfgang Güllich nutzte es, um den Frankenklassiker Action Directe erstzubegehen. Jerry Moffatt machte nach einem Winter am Board aus einigen der schwersten Routen und Boulder Frankreichs einen Spaziergang. Solche Erfolge haben das Campusboard zum festen Bestandteil der Trainingsecken jeder Kletterhalle gemacht. Ganz ohne ist es aber nicht.

Güllich hat den Namen Action Directe nicht ohne Grund gewählt. Namenspate war eine französische Terrorgruppe, weil ihm die Kletterei wie ein Anschlag auf die Finger vorkam. Mit dem Campusboard konnte er sich allerdings gut auf diese Belastungen vorbereiten. Tatsächlich gibt es im Klettertraining wenig, was so hohe Belastungsspitzen verursacht. Wer ernsthaft am Board trainieren will, muss deshalb fit sein und ein paar Jahre Klettererfahrung mitbringen. Nur so sind die Sehnen und Bänder stark genug, um mit vielen der Übungen am Board zurechtzukommen.

Die richtigen Übungen für den Einstieg

Es kommt aber auch darauf an, was man genau macht. Denn nicht alles, was am Campusboard trainiert werden kann, muss einer Tortur der Finger gleichkommen. Im Folgenden möchte ich dir drei Übungen näherbringen, die auch für Kletternovizen machbar sind und sich deshalb sinnvoll in das Training integrieren lassen.

Vorher aber noch ein paar Hinweise für den sicheren Start ins Training:

Gehe in jedem Fall nur gut aufgewärmt an das Board. Finger, Schultern und Oberkörper sollten durch eine allgemeine Erwärmung und ein paar gekletterte Boulder auf die Belastung vorbereitet sein. An das Ende einer Session gehört das Training am Campusboard aber ebenfalls nicht. Zum Auspowern gibt es bessere, sicherere Wege. Am Board ist es wichtig, dass du noch fit und konzentriert bist. Nutze außerdem ausschließlich die größten Leisten/Sloper. Für die im Folgenden vorgestellten Übungen müssen die Griffe nicht klein sein, um einen guten Trainingseffekt zu erzielen. Dadurch würde lediglich das Verletzungsrisiko erhöht.

Beachten solltest du natürlich, dass du diese Übungen nicht einfach nur deshalb machst, weil es sie gibt. Sinnvoll ist ihre Aufnahme ins Training vor allem, wenn sie dir helfen, eine Schwachstelle in deiner Kletterleistung auszubügeln. Damit du di richtige Auswahl treffen kannst, erkläre ich, für wen die jeweilige Übung überhaupt interessant ist. Sollte dir die Ausführung aus der Beschreibung nicht völlig klar werden, wirf einen Blick in das oben verlinkte Video.

Übung #1: Campusboard-Blockieren

Was wird trainiert?

Campusboard-Blockieren zielt in erster Linie auf die Zugmuskulatur des Oberkörpers ab, trainiert aber auch die Maximalkraft und Kraftausdauer der Finger mit. Durch ihren statischen Charakter ist sie die am wenigsten riskante Übung am Board.

Für wen ist das interessant?

Campusboard-Blockieren lohnt sich für Kletterer mit einer zu schwachen Zugmuskulatur. Fällt es dir beispielsweise schwer, dich beim Weitergreifen kurz im angezogenen Arm zu halten, um die Finger in den Zielgriff einzusortieren, kann das Blockiertraining dich ein gutes Stück weiterbringen. Weite Züge, die nicht dynamisch gelöst werden können, gelingen dann eher. Allerdings sollte die aufgebaute Kraft nicht genutzt werden, um dynamische Züge komplett zu vermeiden.

Wie funktioniert die Übung?

Für die Übung suchst du dir eine Leiste, die etwa auf Schulterhöhe liegt, und greifst diese mit beiden Händen. Anschließend stellst du deine Füße auf die Trittleiste unter dem Board, um den Oberkörper zu entlasten. Nun hängst du dich mit gestreckten Armen in das Board, ziehst an, löst eine Hand und streckst den freien Arm so weit wie möglich nach oben, ohne eine Leiste zu greifen. Ziel ist es, dich mit dem anderen Arm über etwa drei Sekunden möglichst nah am Board zu halten. Danach kannst du dich wieder ablassen und das gleiche mit der anderen Seite wiederholen.

Wie wird das Training gestaltet?

Pro Seite absolvierst du drei bis fünf Wiederholungen, in denen du jedes Mal auf maximalen Einsatz gehst. Danach nimmst du dir drei Minuten Pause, bevor du in den nächsten Satz startest. Drei bis fünf Sätze genügen für das Training.

Gibt es mögliche Variationen?

Grundsätzlich kannst du die blockierte Position frontal oder eingedreht einnehmen. Beides ist fürs Klettern sinnvoll und kann ruhig abgewechselt werden.

Willst du den Kraftausdaueraspekt stärker betonen, was beispielsweise fürs Seilklettern interessant sein kann, verlängere die Haltezeit beim Blockieren einfach auf etwa fünf Sekunden.

Übung #2: entlastetes Weiterschnappen

Was wird trainiert?

Das entlastete Weiterschnappen ist eine einsteigerfreundliche Möglichkeit, die Schnellkraft der Fingerbeuger zu verbessern. In einem gewissen Maß wird außerdem die Blockierkraft mittrainiert.

Für wen ist das interessant?

Wenn du Schwierigkeiten hast, Griffe nach dynamischen Zügen festzuhalten, profitierst du von dieser Übung. Sie verbessert die Reaktionsgeschwindigkeit der Fingerbeuger und die Kraft, die in kürzester Zeit aufgebaut werden kann.

Wie funktioniert die Übung?

Die Ausgangsposition beim entlasteten Weiterschnappen ist identisch zum Campusboard-Blockieren. Hast du sie eingenommen, beginnst du mit einer Hand von Leiste zu Leiste zu schnappen, während die andere auf der Startleiste bleibt. Hast du die letzte für dich erreichbare Leiste gehalten, kehrst du auf den Boden zurück, nimmst erneut die Startposition ein und wiederholst die Übung mit der anderen Seite.

Wichtig: Die letzte Leiste, die du greifst, darf nicht am absoluten Maximum deiner Reichweite liegen. Hier besteht das Risiko, die Schulter zu überstrecken. Okay ist es, wenn dein Arm am Ende noch leicht angebeugt ist und die Schulter unter Spannung gehalten werden kann.

Damit der Trainingseffekt sich einstellt, ist es außerdem wichtig, die Bewegungen tatsächlich so schnell wie möglich auszuführen.

Wie wird das Training gestaltet?

Ein Satz ist beendet, wenn du mit beiden Händen weitergeschnappt hast. Anschließend gönnst du deinen Händen drei Minuten Pause, bevor du in den nächsten Durchgang startest. Drei bis fünf Sätze sind üblich.

Gibt es mögliche Variationen?

Grundsätzlich ist es möglich, die Übung auch abwärtsschnappend oder ohne Unterstützung der Füße auszuführen. Beides ist wesentlich anspruchsvoller und sehr gut trainierten Kletterern vorbehalten. Zum Teil verzichten aber selbst diese wegen des hohen Verletzungsrisikos auf dynamische Abwärtsbewegungen am Campusboard.

Übung #3: Campusboard-Hangeln

Was wird trainiert?

Campusboard-Hangeln ist der Klassiker unter den Campusboard-Übungen und stärkt die große Zugmuskulatur des Rumpfs und der Arme. Obwohl das gerade am Anfang nicht das Hauptziel sein sollte, werden auch die Finger mittrainiert.

Für wen ist das interessant?

Vom Campusboard-Hangeln kann grundsätzlich jeder profitieren, der eine stärkere Zugmuskulatur aufbauen will, gleichzeitig aber eine solide Basis hat. Du solltest etwa fünf saubere Klimmzüge schaffen. Andernfalls ist das Risiko hoch, während der Übung in schlechte Technik zu verfallen, was zu Verletzungen führen kann. Auch wenn das Hangeln intuitiv ist, gehört es bereits zu den anspruchsvolleren Übungen am Board.

Wie funktioniert die Übung?

Beim Campusboard-Hangeln kletterst du das Board wie eine Leiter nach oben, ohne deine Füße zu benutzen. Dabei kannst du das Tempo selbst bestimmen, um unterschiedliche Trainingsreize zu setzen. Hangelst du schnell, trainiert das eher die Schnellkraft, lässt du dir Zeit, verbessert sich deine Kraftausdauer.

Wichtig ist die richtige Technik: Die Aufwärtsbewegung kommt aus dem Rücken und den Armen. Bist du auf Schwung aus den Beinen oder der Hüfte angewiesen, ist diese Übung noch zu schwer für dich. Vermeide es außerdem, die Schulter zu strecken. Halte die Muskulatur im Schulterbereich immer aktiviert und zieh das Schulterblatt bewusst nach unten. Leichter ist das, wenn du den oberen Arm leicht angebeugt hältst, während du mit dem unteren nachziehst.

Wie wird das Training gestaltet?

Ein Satz ist abgeschlossen, wenn du es von unten bis zum letzten Griff des Boards geschafft hast oder nicht mehr weiterkommst. Anschließend springst du ab, machst drei Minuten Pause und startest in den nächsten Durchgang. Auch hier empfehlen sich drei bis fünf Durchgänge.

Gibt es mögliche Variationen?

Am Campusboard kann auf verschiedenste Arten gehangelt werden – nicht nur mit Blick auf die Geschwindigkeit. Beginnst du gerade mit dem Training, bietet es sich an, mit dazugreifen zu hangeln. Dabei folgt die untere Hand immer der oberen und greift zur gleichen Leiste wie diese, was die Wege der einzelnen Züge verkürzt.

Fällt dir das leicht, kannst du mit dem Übergreifen beginnen. Ein Beispiel dafür: Ziehst du mit der rechten Hand vom Start zur zweiten Leiste, bringst du die linke im nächsten Zug direkt zur dritten.

Verschiedene Varianten des Hangels am Campusboard. Ganz links die einfachste Variante des Übergreifens zu sehen, in der Mitte das Übergreifen in Kombination mit auslassen. Rechts siehst du die 1-4-7-Bewegung, einen Klassiker das Campusboard-Trainings. Abbildung aus Bouldertraining.

Im nächsten Schritt kannst du damit beginnen, Griffe zu überspringen, also gleich vom Start zur dritten oder vierten Reihe zu springen. Am Anfang bietet es sich auch hier an, sich mit dazugreifen nach oben zu arbeiten.

Die Königsdisziplin ist es, das Übergreifen und Auslassen zu kombinieren. Ein beliebtes Trainingsziel für fortgeschrittene Campusboarder ist beispielsweise die 1-4-7-Zugfolge. Die Zahl steht dabei für die erste, vierte und siebte Leiste des Boards. Die einfachste Variante vom Auslassen mit übergreifen wäre natürlich die 1-3-4. Bei diesen Kombinationen wird allerdings nicht mehr zwingend bis zum Ende des Boards gehangelt. Für den Einstieg kann man genauso gut, auf den Boden zurückkehren und die Züge mit der anderen Seite beginnend wiederholen.

Wenn du tiefer ins körperliche Training fürs Bouldern einsteigen und lernen, wie du eine bessere Psyche und Technik entwickelst? Dann könnte mein Buch Bouldertraining die richtige Leküre für dich sein.

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