Bouldern in der Halle ist ein relativ sicherer Sport. Obwohl sich täglich Tausende an den Kunstwänden der Republik austoben, lag die Zahl der gemeldeten ernsteren Unfälle für das Jahr 2017 nur knapp über 100. Das Risiko, beim Indoor-Bouldern schwer zu verunfallen, ist also äußerst gering. Dafür, dass tatsächlich nichts passiert, ist man allerdings selbst verantwortlich, denn der Großteil der noch immer auftretenden ernsten Zwischenfälle ist vermeidbar.
Bereits letzte Woche habe ich die neue DAV-Unfallstatistik vorgestellt, in der für das Jahr 2017 124 Notarzteinsätze in Verbindung mit Boulderunfällen ausgewiesen werden. Weil darin nur Hallen des DAV und des Kletterhallenverbands Klever registriert sind, dürfte die tatsächliche Zahl ein wenig höher liegen, insgesamt zeichnet der Bericht aber ein positives Bild. Beachtest du ein paar einfache Dinge, könnte die Statistik in den nächsten Jahren sogar noch erfreulicher ausfallen. Zumindest stellst du aber sicher, nicht selbst darin aufzutauchen.
Falltraining steht an allererster Stelle
Wenn ein Fakt unmissverständlich aus der Aufstellung des DAV und Klever hervorgeht, dann, dass es den meisten Verunfallten an Erfahrung im Fallen und Stürzen gefehlt hat. 104 von 124 Notarzteinsätzen wurden nach einem Mattensturz nötig, in deren Folge sich die Betroffenen Verletzungen wie Bänderrisse oder Knochenbrüche zugezogen hatten. Ein Großteil dieser Verletzungen hätte sich mit der richtigen Technik und entsprechendem Training zweifelsohne vermeiden lassen.
Für Anfänger ist es zentral, sich durch regelmäßiges Abspringen auf Stürze vorzubereiten, bis das Fallen und gegebenenfalls auch das Abrollen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Wenn du gerade erst mit dem Bouldern begonnen hast oder bisher in der Regel abgeklettert bist, solltest du dringend Sturztraining in deine Hallenbesuche einfließen lassen. Dabei ist es völlig okay, sich Stück für Stück in höhere Gefilde vorzutasten. Wichtig ist nur, dass du Routine im Abspringen und Fallen bekommen hast, bevor du das erste Mal unerwartet stürzt. Schließlich können das selbst die vorsichtigsten Kletterer auf Dauer nicht vermeiden – und sei es nur, weil ein Griff oder Tritt sich dreht oder bricht, was jederzeit passieren kann.
Eine freie Fallzone ist Pflicht
Natürlich bringt die beste Technik nichts, wenn anstatt der Matte im Sturzgelände herumliegende Gegenstände den Fall bremsen. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass in der Halle unter den Bouldern allenfalls ein Chalkbag liegen darf. Trinkflaschen, Stabbürsten und sonstige Stolperfallen haben auf der Matte nichts verloren. Auch Menschen bilden da keine Ausnahme. Wenn du eine Gruppe siehst, die es sich unter einem Boulder bequem macht, um dort zu pausieren oder zu quatschen – am besten während gerade jemand an der Wand ist -, gib ihnen den freundlichen Tipp, etwas Platz zu machen. Generell ist es eine gute Idee beim Herumlaufen auf der Matte einen Sicherheitsabstand von der Wand zu halten. Besonders dann, wenn man in einer schlecht einsehbaren Bereichen unterwegs ist. Schließlich ist nie klar, ob nicht gleich jemand schwungvoll um die Ecke geflogen kommt, weil er einen Dyno nicht halten konnte.
Von A über B zu C…
…oder anders gesagt: Arbeite dich Stück für Stück durch die Schwierigkeitsgrade deiner Halle. Riskant wird es häufig, wenn sich Einsteiger beim Bouldern überschätzen und Probleme angehen, denen sie technisch und kräftemäßig noch nicht gewachsen sind. Weil der Sport in den letzten Jahren häufiger Dynamik und Koordination abfordert und die Schwierigkeit nicht mehr nur darin besteht, immer schlechtere Griffe halten zu können, ist der Anspruch eines Boulders manchmal nicht ohne Weiteres zu erkennen. Dass beispielsweise große Volumen erst einmal so aussehen, als wäre es leicht, an ihnen zu klettern, führt Einsteiger immer wieder auf falsche Fährten und zu Durchstiegsversuchen, die unweigerlich auf der Matte enden. Wie gut man den Sturz verträgt, hängt dann auch davon ab, wie gut man darauf vorbereitet und wie brenzlig der Abgang von der Wand ist.
Deshalb ist es eine gute Idee, dich bei deinen ersten Hallenbesuchen erst einmal an den leichteren Bouldern abzuarbeiten, bevor du dir Probleme im mittleren oder sogar oberen Schwierigkeitsgrad vornimmst, nur weil diese einfach aussehen und große Griffe haben. Diese Vorgehensweise hat außerdem den Vorteil, dass du besser auf die Anforderungen der schwereren Boulder vorbereitet wirst, als es der Fall wäre, wenn du von jetzt auf gleich mehrere Schwierigkeitsgrade überspringst. Natürlich spricht nichts dagegen, sich an härteren Bouldern zu versuchen, wenn die Einsteigerrouten keine Herausforderung darstellen. Offensichtlich wird das, wenn man den größten Teil dieser Probleme ohne Schwierigkeiten lösen konnte. Die Betonung liegt hier auf „den größten Teil“.
Diese Herangehensweise ist übrigens nicht nur für die Unfallprävention sinnvoll. Wer viele verschiedenartige Probleme geklettert hat, ohne dabei nur auf den Schwierigkeitsgrad zu achten, kann später auf eine breiter entwickelte Technik zurückgreifen und wird damit zum Allrounder.
Gas geben, aber mit Verstand
Natürlich muss man sich auch einmal etwas trauen, um weiter zu kommen. Besonders einfach fällt das, wenn man Freunden in der Halle unterwegs ist, die einen förmlich die Wand hochschreien und für zusätzliche Motivation sorgen. Aber: Wer sich zu sehr pushen lässt, läuft eher Gefahr, in schwer zu kontrollierende Situationen zu kommen. Einige Unfälle, die ich beobachten konnte, nahmen ihren Ausgang, als ein erfahrenerer Kletterer einen Neuling in immer schwerer Boulder schickte, bis dieser Opfer von Überforderung wurde. Besonders riskant ist das natürlich, wenn es an grundlegender Fitness und der richtigen Falltechnik mangelt.
Deshalb solltest du sowohl darauf verzichten, unerfahrene Kletterer übermäßig zu pushen und dich gleichzeitig selbst nicht zu sehr drängen lassen. Willst du einen Neuling in forderndere Boulder schicken, ist es das Beste, diese erst einmal vorzuklettern und dabei zu erklären, wie die schwierigen Stellen gelöst werden können. Umgekehrt schadet es nicht, sich auch einmal die Blöße zu geben, einen Flash-Versuch abzubrechen, um einen kniffligen Zug auszuchecken. Das ist allemal besser als mit ungewisser Aussicht auf Erfolg einfach Gas zu geben und dann das Beste zu hoffen. Bevor diese Herangehensweise wirklich zur Option wird, braucht es Erfahrung, um sicher mit den Konsequenzen eines misslungenen Zugs umgehen zu können. Siehe Punkt 1.
Ein Gedanke zu „Unfälle beim Bouldern vermeiden: 4 Dinge, auf die du achten solltest“