Sicherheit: Richtig fallen beim Bouldern

Bouldern SpotterSteigt man ins Seilklettern ein, ist eines der ersten Dinge, die man lernen sollte, wie man sich beim Sturz richtig verhält. Klar, wer nach einem drei oder vier Meter langem Fall in die Wand pendelt, sollte wissen, wie sich in dieser Situation Verletzungen vermeiden lassen. Beim Bouldern spielt dieses Thema meiner Erfahrung nach keine so wichtige Rolle, weil man meinen könnte, dass bei den großen Matten in der Halle ja kaum etwas passieren kann. Leider ist dem nicht so. Auch beim Bouldern ist es wichtig, richtig zu fallen.

Vermeidbare Unfälle

Was andernfalls passieren kann, haben Freunde von mir erst vor wenigen Tagen aus nächster Nähe beobachten können. Ein unerfahrener Boulderer rutschte aus dem letzten Griff einer Route, segelte nicht ganz kontrolliert aus vier Meter Höhe ab und versuchte den Sturz mit der ausgestreckten Hand zu bremsen. Die dabei auftretenden Kräfte waren leider zu viel für das Ellenbogengelenk, das in die falsche Richtung nachgab. Die 30 Zentimeter dicke Hallenmatte konnte in dieser Situation nichts mehr retten, durch ein vorheriges Sturztraining hätte sich der Unfall allerdings vermeiden lassen.

Deutlich wird das schon, weil der Betroffene einen der größten denkbaren Fehler gemacht hat. Anstatt den Aufprall großflächig abzufangen, mussten die Hand und der gestreckte Arm die Energie schlucken. Leider ist dieses Abstützen ein Reflex, der in uns allen steckt. Stolpert man beispielsweise, gehen die Hände automatisch nach vorn, um den drohenden Aufprall abzufangen. Was bei Ausrutschern mit etwas Glück noch unproblematisch ist, wird beim Klettern zur Verletzungsfalle. Nur, wenn man die auf den Körper wirkende Energie richtig verteilt und ableitet, bleibt bei den für das Bouldern typischen Sprüngen aus größerer Höhe alles heil.

Abrollen ist in der Halle erste Wahl

Die optimale Variante der Landung ist es, sich auf die Füße fallen zu lassen, die Beine zu beugen und im Anschluss nach hinten abzurollen. Allerdings darf man dabei nicht wie ein nasser Sack zusammenrutschen. Die Rumpfmuskulatur bleibt angespannt, der Rücken wird leicht eingerundet und das Kinn auf die Brust gedrückt. Andernfalls könnte der Restschwung den Hinterkopf auf den Boden aufschlagen lassen, was selbst auf der Matte unangenehm ist und draußen sogar gefährlich sein kann. Die Arme können nach oben genommen oder auf die Matte gelegt werden, sobald die Schulterpartie den Boden erreicht. Auch das trägt dazu bei, die auf den Körper wirkenden Kräfte abzumindern.

Fällt man seitlich, sollte man keinesfalls versuchen, sich auf dem angewinkelten Unterarm abzufangen. Das mag zwar besser als der Sturz auf den gestreckten Arm sein, die Energie wird dann aber auf die Schulter und damit auf ein verletzungsanfälliges Gelenk abgeleitet. Das Risiko, sich doch etwas anzutun, wäre zu hoch. Richtig ist es dann, die Abrollbewegung über die Rückseite des (Ober-)Arms einzuleiten.

Wie genau das Abrollen im Idealfall aussieht, zeigt folgendes Video:

Natürlich ist das nicht immer eine Option. Wenn der Platz nach hinten zu knapp ist, was zum Beispiel am Fels der Fall sein kann, macht es sich besser, auf den Füßen zu landen und sich im Anschluss auf die Hände kippen zu lassen. Auch dabei werden die Beine direkt nach dem ersten Bodenkontakt eingebeugt, um einen Teil des Schwungs abzubauen. Den Rest übernehmen die Hände, die als letztes auf dem Boden landen. So braucht man sich keine Gedanken um etwaige Hindernisse im Rücken zu machen, die Landung ist allerdings etwas weniger gelenkschonend. Deshalb würde ich empfehlen, nur auf allen vieren zu landen, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

Dem Sturz aktiv zu begegnen, bringt Sicherheit

Ob das alles klappt, ist zum einen eine Frage der Übung. Es genügt schlicht nicht, diese Infos nur gehört oder gelesen zu haben, man muss es immer wieder anwenden, bis sich ein Automatismus einstellt. Zum anderen kann schon die Art, wie der Sturz eingeleitet wird, über dessen Gefährlichkeit entscheiden. Kommt der Fall unerwartet, hat man natürlich keine Wahl, dann ist der Spotter gefordert, das Schlimmste zu verhindern (siehe Artikelbild). Allerdings habe ich in den letzten Jahren immer wieder Anfänger gesehen, die aus einer relativ sicheren eine brenzlige Situation gemacht haben, weil sie den Sturz unbedingt vermeiden wollten und sich zu lange festgehalten haben. Eine Bekannte beispielsweise wurde durch eine offene Tür unkontrollierbar aus der Route gehebelt, hielt sich aber aus Angst bis zum letzten Augenblick am Griff fest, stürzte rücklings und drohte beim Aufkommen mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen. Hätte sie sich rechtzeitig fallen lassen, wäre das nicht passiert.

Mein Tipp deshalb: Übt das Fallen gerade am Anfang aktiv. Springt aus geringen Höhen ab und arbeitet euch Stück für Stück nach oben, um Routine und Sicherheit zu gewinnen. Behaltet die Möglichkeit eines Sturzes im Hinterkopf und sichert euer Absprunggelände entsprechend ab. Draußen mit Matten und drinnen mit Leuten, die andere Gäste auf euch hinweisen, wenn ihr in einer uneinsehbaren Ecke bouldert und es deshalb zu brenzligen Situationen kommen könnte. Und vor allem: Lasst im Ernstfall rechtzeitig los, um die Kontrolle zu behalten.

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