Viele Kletterer und Boulderer kennen dieses Problem: Während des Trainings stellt sich ein unangenehmes Drücken auf der Innen- oder Außenseite des Ellenbogens ein, das sich anfangs noch mit einer leichten Massage und kurzen Pause loswerden lässt. Nach einigen Wochen sind die Schmerzen dann deutlicher, strahlen eventuell bis in den Unterarm aus und machen sich gerade am Anfang des Trainings bemerkbar. Hat man die Probleme bis dahin ignoriert und weitertrainiert, kann es im nächsten Schritt auch bei einfachen Tätigkeiten wie dem Aufschneiden eines Brötchens oder dem Anheben einer Milchpackung schmerzhaft werden. Selbst in Ruhe – zum Beispiel nachts – können dann plötzlich Schmerzen auftreten. Spätestens jetzt fragt man sich, was die Beschwerden im Ellenbogen auslöst.
Ursachen des Golfer- und Tennisellenbogens
Zwar gibt es noch eine Handvoll anderer Diagnosen, bei Kletterern handelt es sich bei diesen Symptomen aber für gewöhnlich um eine Epicondylitis. Bekannt ist dieses Problem auch als Golfer- oder Tennisarm, wobei von ersterem die Rede ist, wenn die Schmerzen auf der Innenseite des Ellenbogens auftreten, während zweiterer die Außenseite betrifft. Die Ursache für den Schmerz ist eine Reizung der Muskelansätze der Handmuskulatur, die durch andauernde Überbelastung hervorgerufen wird. In den Händen selbst finden sich nur wenige Muskeln, die in erster Linie für die Daumenbewegung und das Bilden einer Hohlhand verantwortlich sind. Die Streckung und Beugung der Finger übernimmt Muskulatur am Unterarm, die über Sehnen mit den Fingergliedern verbunden ist. Ihr Ansatz liegt am Ellenbogen, wo der Muskel in den Knochen übergeht. Beim Klettern entstehen hier hohe Zugkräfte, die mit der Zeit eine Überreizung und die damit einhergehenden Schmerzen verursachen können. Ist die Außenseite betroffen, gehen die Probleme von der Streckmuskulatur aus, während der Golferellenbogen mit den innen gelegenen Beugemuskeln in Zusammenhang steht.
Diese Beschwerden können im Grunde jeden Kletterer treffen, unabhängig vom Leistungsstand und der Erfahrung. Ich persönlich hatte beispielsweise schon ganz am Anfang meiner Kletterkarriere mit einem Tennisellenbogen zu kämpfen, was in meinem Fall wohl an einem Ungleichgewicht zwischen der muskulären Leistungsfähigkeit und der Belastbarkeit der Muskelansätze lag. In der Frühphase des Trainings legt die Kraft deutlich schneller zu, als sich die Sehnen anpassen können, was derartige Probleme begünstigt. Alte Hasen sind deshalb aber nicht außen vor. Dauerhafte Fehlbelastung kann nach Jahren ihren Tribut fordern und so erfahrenere Kletterer aus der Bahn werfen.
Diagnose des Golfer- oder Tennisarms
Sind die Schmerzen stark ausgeprägt, ist das ein guter Grund einen (Sport-)Mediziner aufzusuchen. Der wird dann einige Tests durchführen, um den Tennis- oder Golferellenbogen zu diagnostizieren. So muss man beispielsweise mit geschlossener Faust gegen eine Tischplatte drücken oder versuchen, diese (ebenfalls mit der Faust) anzuheben. Treten dabei Schmerzen im betroffenen Bereich auf, ist das ein deutliches Anzeichen für eine Epicondylitis. Besteht ein Verdacht auf den Golferarm, kann außerdem getestet werden, ob die Drehung des Unterarms gegen Widerstand oder die Beugung des Handgelenks die Probleme verstärkt. Treten Schmerzen bei der Streckung des Handgelenks gegen Widerstand oder beim Versuch auf, den Ellenbogen zu strecken, während das Handgelenk gebeugt ist, bestätigt das den Verdacht eines Tennisarms.
Maßnahmen gegen die Beschwerden am Ellenbogen
Wenn die Probleme so stark sind, dass der Gang zum Arzt unverzichtbar wird, muss man zuerst einmal eine Pause vom Klettern oder Bouldern einlegen. Bis zu einem Monat Abstinenz können helfen, die gröbsten Probleme loszuwerden. Eventuell bekommt man außerdem Massagen verschrieben. Sobald die Beschwerden etwas abgeklungen sind, kann man allerdings auch selbst aktiv werden. Als gute Behandlungsmethode haben sich Dehnübungen erwiesen, bei denen die Muskelansätze unter Zug gebracht werden. Wie genau diese aussehen können, wird in diesem PDF erläutert: http://tennisarm.ch/fot/dehnen1.pdf
Da beim Tennisellenbogen zudem eine Dysbalance zwischen der Handbeuge- und Streckmuskulatur Mitverursacher sein kann, sollte man versuchen, die Defizite durch gezieltes Training auszugleichen. Die entsprechenden Übungen können mit einem Theraband ausgeführt werden. Zur Stärkung der Fingerstrecker wird das Gummiband um die Hand gelegt und die Finger gegen dessen Widerstand geöffnet. Reverse Curls sind ebenfalls sinnvoll. Dazu nimmt man eine Hantel oder das Theraband und führt Bizepcurls aus. Anders als bei der beliebten Pumperübung, die für dicke Oberarme sorgen soll, wird die Hand dabei so gedreht, dass die Handfläche nach außen zeigt.
Wiedereinstieg ins Klettertraining
Dehnen und gezieltes Gegenspielertraining sollten im Anschluss dauerhaft ins Programm integriert werden. Besser ist sogar, es prophylaktisch zu betreiben und auch die werten Kollegen dazu anzuhalten, die bisher von der Epicondylitis verschont geblieben sind. Sieht man davon ab, sollte man in der ersten Zeit mit Bedacht vorgehen. Zu schnell wieder schwere Projekte zu versuchen, könnte nur dafür sorgen, dass die Beschwerden in alter Stärke zurückkehren. Stattdessen ist es sinnvoller, Routen ohne Druck zu erkunden und unsichere oder dynamische Züge zu vermeiden, die hohe Belastungsspitzen mit sich bringen. In der ersten Zeit ist es deshalb womöglich das Beste, unter dem eigenen Niveau zu klettern oder zu bouldern. Besondere Aufmerksamkeit muss außerdem der Erwärmung zukommen. Ich habe damals nach dem Wiedereinstieg zu Beginn jedes Trainings gut eine halbe Stunde einfachste Routen geklettert, die Belastungsphasen kurz gehalten und losgelassen, sobald sich die leichtesten Anzeichen von Schmerzen bemerkbar gemacht haben. An Überhänge oder kleine Leisten war erst danach wirklich zu denken. Als Alternative dazu bietet sich der Kauf eines Knetballs an, mit dem man die Muskulatur schonend auf Touren bringen kann.
Den Tennis- oder Golferellenbogen tapen
Hilfreich kann es außerdem sein, den Tennisarm oder Tennisellenbogen zu tapen. Dafür gibt es neben hübsch anzusehenden Kinesioverbänden auch einen Verband mit normalen Statik-Tape, wie es beim Klettern gern verwendet wird. Dazu legt man einfach eine geziegelte Tape-Schicht auf der Innen- oder Außenseite des Unterarms an. Diese verringert dann die Streckbelastung, die auf die Muskelansätze wirkt, und kann so auch prophylaktisch eingesetzt werden, bevor aus einem Wehwehchen ein echtes Problem wird. Der Verband wird knapp unterhalb des Ellenbogens begonnen und dann quer verlaufend Stück für Stück bis etwa zur Mitte des Unterarms erweitert. Die einzelnen Tape-Streifen sollten den Unterarm maximal halb umrunden.
Mehr Infos zu Tape-Verbänden für klettertypische Probleme findest du in meinem Buch Taping im Klettersport, das für 3,99 Euro (E-Book) und 8,99 Euro (gedruckt) bei Amazon zu haben ist.
2 Gedanken zu „Schmerzende Ellenbogen: Was Klettern, Tennis und Golf gemeinsam haben“