Die Arme ziehen, die Füße schieben – das ist in vielen Klettersituationen Normalität. Allerdings ist es gerade die große Vielfalt der Bewegungsmöglichkeiten, die den Klettersport so attraktiv machen. Selbst vermeintlich grundlegende Prinzipien wie der Umstand, dass mit dem Oberkörper voran geklettert wird, werden manchmal infrage gestellt. Um für Überraschungen zu sorgen, greifen Routenbauer gern wieder auf Griff- und Trittfolgen zurück, die es nötig machen, mit den Füßen voran zu klettern. Zu finden ist so etwas aber längst nicht nur in der Halle. Auch draußen kann es manchmal „feet forward“ gehen.
In der Halle vor allem im Dach zu finden
Möglichkeiten, so etwas umzusetzen, gibt es einige. Manchmal lassen die Schrauber die Boulderer mit einem Handstand starten, aus dem sie zwei Toe-Hooks legen müssen, um anschließend die Hände an die Startgriffe legen zu können. Ein anders Mal gibt es unterhalb der Startgriffe keine Tritte und die Griffposition so, dass hangeln keine Option ist. Dieses Beispiel zeigt das Video unten ab Sekunde 48. Besonders gern werden Feet forward-Züge aber in der Nähe von Dachkanten erzwungen, wenn man aus dem Dach herausklettern will. Neben Rissen ist das auch die Situation, in der man am Fels gelegentlich mit den Füßen vorangehen muss.
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Auf den ersten Blick können solche Stellen unkletterbar wirken. Du findest dich plötzlich in einer Situation wieder, in der die nächsten Griffe entweder so weit entfernt sind, dass du sie nicht erreichst. Oder sie sind so gedreht, dass sie sich vorwärts kletternd nicht mehr vernünftig nutzen lassen. Die Lösung erschließt sich erst, wenn du dich dazu entscheidest, mit den Füßen voran zu klettern und dich dafür um 180 Grad drehst. Häufig ermöglicht diese Drehung es dir dann, einen Toe-Hook zu legen, über den du dich zum nächsten Griff ziehen kannst.
Genau hier liegt der Knackpunkt. Wer eine solche Drehung schon einmal versucht hat, weiß, wie anstrengend sie ist. Ab dem Moment, an dem die Füße die Tritte verlassen, müssen Beine und Rumpf allein von der Core-Muskulatur nahe der Wand gehalten werden. Aber selbst wenn das über die gesamte Drehung gelingt, wird es beim Legen der Hooks noch einmal knifflig, weil man hier präzise sein muss.
Ein Tritt bringt die Rettung
Als Möglichkeit, einen solchen Zug zum Test von Kraft und Präzision zu machen, kann so etwas natürlich gewollt oder von der Natur so vorgegeben sein. In der Halle hat man aber die Wahl. Soll der Boulder auch für Otto-Normal-Kletterer machbar sein, geben die Routenbauer oft eine kleine Hilfe: Sie platzieren in der Nähe des zu hookenden Griffs oder Tritts einen weiteren Tritt. Dieser liegt näher am Kletterer und ist extrem nützlich. Weil er näher an den Händen liegt, braucht es weniger Kraft und Präzision, um ihn zu erreichen. Steht ein Fuß, hilft dieser dir bereits, den Rumpf weiter zu entlasten und verbessert gleichzeitig den Halt an den Griffen. Schlussendlich fällt es dir so leichter, den Toe-Hook zu setzen und ebnet den Weg über die Dachkante hinaus.
Doch obwohl dieser Tritt so hilfreich sein kann, wird er gern ignoriert oder ganz übersehen. Das liegt daran, dass er oft klein ist, weil die Routenbauer verhindern wollen, dass er als Griff missbraucht wird.
Merke: Befindet sich der Startgriff auf Kniehöhe oder noch tiefer, gibt es unterhalb eines normalhohen Startgriffs keine Tritte oder gehen dir in der Nähe einer Dachkante die Griffe aus, kann es sein, dass du mit den Füßen voran klettern musst. Ist das der Fall, schau, ob es irgendwo eine Trittmöglichkeit gibt, die den Wechsel in die Feet-Forward-Position erleichtert. Das muss nicht mal ein separater Tritt sein. Wie im Video zu sehen ist, kannst du manchmal auch die Rückseite des zu hookenden Griffs dafür nutzen.