Auf Volumen aufschieben – Kletterstandards mit Fehlerpotenzial (Teil 3)

Beim Klettern in der Halle gab es in den letzten Jahren große Veränderungen. Während es noch vor einem Jahrzehnt stark an das Draußenerlebnis angelehnt war, hat sich mittlerweile ein Stil etabliert, der damit immer weniger gemeinsam hat. Dominierten früher mit zunehmender Schwierigkeit immer schlechtere Griffe, geht es heute deutlich dynamischer und koordinativer zu. Winzige Griffe und Tritte gibt es zwar immer noch, müssen sich die Wand aber mit riesigen Volumen teilen. Diese erlauben nicht nur explosivere Züge. Sie können auch abseits der Parkoureinflüsse einen enorm technischen Kletterstil abfordern, der vor allem von guter Fußarbeit und Gewichtsverlagerung lebt und manchmal ganz ohne Griffe im klassischen Sinn auskommt. Das daraus resultierende „Geschiebe“ fällt nicht jedem leicht. Einen Fehler sieht man besonders häufig.

Volumenboulder: optisch ansprechend, technisch fordernd

Volumen sind heute aus Kletterhalle kaum noch wegzudenken. Die Möglichkeiten, die Gegebenheiten einer Wand zu verändern, sind zu vielfältig, um darauf zu verzichten. Dabei werden sie längst nicht nur für schwere Boulder eingesetzt. Da Holzvolumen problemlos mit Griffen bestückt werden können, lassen sich mit ihnen auch einsteigerfreundliche Probleme kreieren. An geraden oder liegenden Wänden geben sie außerdem großflächige Tritte ab, mit denen Kletterer an die Reibungskletterei herangeführt werden können.

Dabei gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten, sie einzusetzen. Entweder dienen sie als normale Tritte in einer Linie, die vertikal nach oben verläuft. Das erlaubt es, frontal zu klettern, wodurch sich die Herausforderung auf die korrekte Technik für Reibungstritte beschränkt. Oder sie können Teil eines Quergangs sein. Dabei werden die Volumen von der Seite angeklettert, was es nötig macht, den Körper darüber zu schieben. Von vielen wird das als besonders anspruchsvoll empfunden. Selbst Kletterer, die bereits etwas Erfahrung mit Reibungskletterei gesammelt haben, scheitern hier regelmäßig, weil sie sich falsch positionieren.

Ein richtig platzierter Fuß ist entscheidend

Es ist verlockend: Muss man sich auf ein Volumen aufschieben, sind viele Kletterer dazu geneigt, ihren Fuß so nah wie möglich am wandseitigen Ende des Volumens zu platzieren. Verlagerst du dann das Körpergewicht immer weiter auf das Volumen, kann es knifflig werden. Ist der Fuß nah an der Wand, gerät der Körper leichter aus der Balance, weil der Körperschwerpunkt weiter außen liegt als die Kontaktpunkte zur Wand. Ausgleichen kannst du das nur, indem du dich mit den Händen in die Wand ziehst – sofern die Griffe es erlauben. Genau das ist aber gerade bei der Volumenkletterei oft nicht der Fall. Um eine bessere Arbeit mit dem Körperschwerpunkt und den Füßen zu erzwingen, verzichten Routenbauer gern auf leicht zu haltende Griffe. Kraftsparend klettern kann man solche Probleme deshalb nur, wenn man lernt, sich richtig zu positionieren.

Richtig heißt in diesem Fall: Füße weg von der Wand. Anders als die Intuition es vorgibt, lassen sich Aufschieber am besten lösen, wenn man den Fuß am äußeren Ende des Volumens aufstellt. Dadurch fällt es dir leichter, den Körperschwerpunkt nah an der Wand zu halten, dein Gleichgewicht zu finden und die Hände zu entlasten. Beherrscht man diese Technik gut, geht es oft sogar ganz ohne Griffe. Welchen Unterschied das macht, zeigt das verlinkte Video ab Minute 4:57.

Kleiner, aber feiner Unterschied. Im linken Bild habe ich den Fuß weiter außen auf dem Volumen platziert. Das macht es zwar anfangs etwas schwerer, den Körper darüber zu bekommen. Im Anschluss ist meine Hüfte aber näher an der Wand als mein Fuß, sodass ich anders als im rechten Bild nicht aus der Wand kippe.

Eine Herausforderung für die Psyche

Doch auch wenn es die richtige Lösung ist, hat diese Variante nicht nur Vorteile. Ein klarer Nachteil ist, dass es dir leichter fallen wird, dich auf ein Volumen zu schieben, wenn du den Fuß nah an der Wand positionierst. Da viele Volumen eine spitz zu laufende Form haben, ist das wandseitige Ende näher, wenn du von der Seite kommst. Dadurch erreichst du es leichter mit dem Fuß und kannst den Körperschwerpunkt einfacher verlagern. Gleichzeitig kann es sich gerade bei Reibungskletterei kribbelig anfühlen, den Körperschwerpunkt direkt über dem Fuß oder sogar naher an der Wand zu haben. Man bekommt den Eindruck, jederzeit abrutschen zu können. Ein Gefühl, das auch objektiv richtig ist. Deshalb ist es wichtig, die Füße präzise zu platzieren und das Gewicht kontrolliert zu verlagern. Gelingt das, ist die Position am Ende aber sogar sicherer, als beim nahe an der Wand angestellten Fuß. Schließlich kämpfst du hier die ganze Zeit dagegen an, aus der Wand zu kippen.

Merke: Musst du dich in einem griffarmen Boulder über Volumen schieben, setze den Fuß in der Nähe der Außenkante des Volumens auf. So fällt es dir leichter, die Balance zu halten und mit weniger Krafteinsatz zu klettern. Vermeide aber unkontrollierte Bewegungen, um nicht abzurutschen.

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