Klettern, klettern, klettern – das ist die Antwort der meisten erfahreneren Kletterer und Boulderer, wenn sie gefragt werden, welche Tipps sie Anfängern geben können, um schnell besser zu werden. Kürzlich habe ich darüber nachgedacht, ob das wirklich das Einzige ist, was man mit Sicherheit jedem empfehlen kann. Dabei sind mir gleich mehrere weitere Dinge eingefallen, die dich garantiert weiter bringen. Deshalb stelle ich dir in diesem Artikel fünf Tipps für Kletterer und Boulderer vor, die ihre Kletterleistung optimieren wollen – und die funktionieren nicht nur für Anfänger.
1. Regelmäßigkeit ist Trumpf
Mein erster Tipp: Klettern, klettern, klettern! Naja. Fast. Bei diesem Punkt geht es mir nicht nur darum, dass man viel Zeit an der Wand verbringt, sondern dass diese vernünftig portioniert ist. Anstatt – übertrieben gesagt – zwei Mal im Monat zehn Stunden in der Halle zu verbringen, macht es mehr Sinn, zwei Mal wöchentlich für 2,5 Stunden die Wand zu erobern. Nicht nur, weil besonders lange Sessions normalerweise nur möglich sind, wenn man viel Zeit auf der Matte oder am Tresen verbringt, sondern auch, weil das mit Blick auf die körperliche und psychische Entwicklung vielversprechender ist. Alle drei oder vier Tage zu trainieren, optimiert die Kraftentwicklung und sorgt gleichzeitig für Routine im Umgang mit der Höhe. Dazu kommt noch die Gewöhnung der Haut. Wer zwei Mal die Woche geht, entwickelt eine robuste Hornhaut, was es erlaubt, länger und härter zu klettern – ohne Gefahr zu laufen, mit zugepflasterten Fingern nach Hause zu gehen.
2. Technik ist das A und O
Es ist kein Geheimnis, dass ich Techniktraining gerade am Anfang für absolut zentral halte. Gute Technik kann fehlende Kraft ausgleichen, umgekehrt ist es wesentlich schwieriger und manchmal gar nicht möglich. Noch dazu lässt sich das technische Können viel schneller entwickeln. Manchmal sind so sogar innerhalb einer Session echte Leistungssprünge möglich. Deshalb solltest du den Top-Griff eines Boulders nie als einziges Ziel sehen. Wenn du die Route zwar klettern konntest, dabei aber x-mal von den Tritten abgerutscht bist, die halbe Zeit nur Klimmzüge gemacht hast und halbkontrolliert durch die Wand gependelt bist, ist der Top nur die halbe Miete. Geh am besten noch einmal in den Boulder und beacker ihn solange, bis die Züge sitzen. Das allein hilft schon, besser auf die Herausforderungen des Kletterns vorbereitet zu sein. Etwas Abwechslung kann natürlich nicht schaden. Zum Beispiel durch das Farbenspiel.
3. Bouldertraining ist Teamwork
Allein zu bouldern macht nur halb so viel Spaß. Die soziale Komponente ist, was viele Kletterer an dieser Spielart des Vertikalsports besonders schätzen. Das Gemeinsamsein ist aber nicht nur angenehm, weil es für Unterhaltung abseits der Wand sorgt, es hilft auch, besser zu performen, wenn man zwischen den Griffen hängt. Ein Kletterpartner kann Ideengeber und Motivator sein, wenn du nicht mehr weiter weißt oder dir die notwendige Bewegung nicht zutraust. Knackt jemand mit ähnlichem Leistungsniveau einen Boulder, bei dem du gekniffen hast, kann das die Motivation geben, es noch einmal zu versuchen und schließlich durchzuziehen. Genauso kannst du von deinem Partner neue Lösungsansätze kennenlernen und so dein Technikrepertoire erweitern. Nicht zuletzt gehen auch eher unpopuläre Dinge wie das Ergänzungstraining am Ende einer Session leichter von der Hand, wenn man es gemeinsam absolviert.
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Acro dog! 🐶😝😂 Arthur joined us for our warm up this morning. . . #acroyoga #dog #leahandshauna
Shauna Coxsey und Leah Crane sind eines der bekanntesten Trainingspaare der Boulderwelt. Die beiden sind im Weltcup Konkurrentinnen, abseits der Wettkampfwand aber ein eingespieltes Team, das trotz Profianforderungen sichtlich Spaß hat.
4. Einseitiges Training vermeiden
Ergänzungstraining ist ein gutes Stichwort: Auch wenn man häufig hört, zu klettern und bouldern wäre ein Ganzkörper-Workout, ist das nur die halbe Wahrheit. Zwar werden fast alle Muskeln angesprochen, gleichmäßig fällt die Belastung jedoch nicht aus. Sieht man von Mantle-Bewegungen ab, wird die Stützmuskulatur des Oberkörpers kaum gefordert, während die bei Zugbewegungen beteiligten Muskeln quasi in nahezu jeder Kletterstelle ihren Auftritt haben. Folglich kommt es mit der Zeit zu Dysbalancen, die wiederum in gesundheitlichen Problemen wie dem Impingement-Syndrom in der Schulter münden können. Ausgleichsübungen sind deshalb ein Muss für jeden Kletterer. Beginnt man frühzeitig mit dem Training, ist das eine Investition in die dauerhafte Gesundheit. Das allein sollte schon Motivation genug sein. Erfreulicherweise verbessert das Antagonistentraining gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Arbeitsmuskulatur. Es macht dich also auch beim Klettern stärker.
Wie genau das Training gestaltet werden sollte, erfährst du in meinem Buch Bouldertraining.
5. Locker bleiben, Spaß haben
Zu guter Letzt solltest du bei allem Ehrgeiz immer im Hinterkopf behalten, dass Bouldern und Klettern vor allem Spaß machen sollen. Selbst wenn es einmal nicht so klappen will, wie du es dir vorstellst oder gewohnt bist, ist das kein Grund, Frust zu schieben. Auch dann nicht, wenn die Boulder ihrer vorgeblichen Schwierigkeit nach kein Problem sein sollten. Gerade die Schwierigkeitsangaben können ein Quell für schlechte Laune sein, unabhängig davon, ob man am Fels oder in der Halle unterwegs ist. Dabei sind Schwierigkeitsgrade eine völlig subjektive Sache. Wenn also einmal ein Boulder nicht so klappen will, wie du es dir wünscht, bleib entspannt, selbst wenn dir der Sinn danach steht, dem Schrauber die Meinung zu geigen. Ändern wird das an deinem Problem nichts. Nimm es stattdessen an und sieh es als Herausforderung, an der du wachsen kannst. Schließlich lernt man dann am meisten, wenn man das versucht, was man noch nicht beherrscht.