Anfänger sollen viele Klettermeter sammeln, wenn sie schnelle Fortschritte machen wollen. Das ist ein Tipp, den du sicher schon an verschiedenen Stellen gehört oder gelesen hast. Was gern vergessen wird: Damit sich das Training lohnt, muss nicht nur viel, sondern auch abwechslungsreich geklettert werden. Nur so kann man das große Bewegungsrepertoire aufbauen, das gute Kletterer ausmacht. Eine Übung, die genau darauf abzielt, ist das Farbenspiel.
Abwechslung ist Trumpf
Es stimmt schon – viele Klettermeter zu machen, ist am Anfang der beste Weg, um zügig voranzukommen. Nur wenn du viel Zeit an der Wand verbringst, kannst du ein Gefühl für die Bewegungen und so einen immer effizienteren Stil entwickeln. Voraussetzung ist natürlich, dass du deinen Körper immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontierst. Kletterst du im Training vor allem Boulder, die du bereits aus dem Effeff beherrscht, bleibt der Lerneffekt aus.
Einen guten Grund, immer nur die gleichen Routen abzuspulen, gibt es nicht. Selbst dann, wenn deine Heimathalle nur selten umschraubt und alles andere zu schwer ist, kannst du mit dem Farbenspiel ein effizientes Techniktraining realisieren. Bei dieser Übung spielen definierte Boulder keine Rolle. Es geht vielmehr darum, immer wieder neue Wege durch eine Wand zu finden.
Viele Lösungen führen zum Top
Die Grundidee des Farbenspiels ist einfach: Du suchst dir eine Wand mit möglichst vielen verschiedenen Griffen, definierst einen Start und einen Zielgriff. Anschließend ist es – wie bei anderen Bouldern auch – deine Aufgabe, immer wieder vom Start zum Ziel zu kommen. Damit das mit jedem Versuch eine neue Herausforderung wird, eliminierst du nach einem erfolgreichen Durchgang eine Farbe aus dem Griffsortiment. Stehen dir im ersten Versuch noch alle Griffe an der Wand zur Verfügung, sind im nächsten beispielsweise alle blauen Griffe und Tritte tabu. Im dritten und jedem nachfolgenden Durchgang wird eine weitere Farbe gestrichen, bis die Züge zwischen Start und Ziel für dich nicht mehr machbar sind.
Natürlich bleibt es dir überlassen, ob du eine Farbe in ihrer Gesamtheit ausschließt oder zum Beispiel bestimmst, zwar auf die Griffe, nicht aber auf die Tritte verzichten zu wollen. Genauso gut wäre es möglich, einzelne Griffe oder Tritte in der Auswahl zu behalten, während der Rest der Farbe eliminiert wird. Das macht Sinn, wenn eine Stelle nur mit eben diesen lösbar ist, während die restlichen Züge noch leicht von der Hand gehen. In manchen modernen Hallen, in denen die Boulderdichte niedriger ausfällt oder mit großen Volumen gearbeitet wird, kann das sogar zwingend notwendig sein, um überhaupt mehr als ein oder zwei Durchgänge zu schaffen.
Weil beim Farbenspiel nach jeder Begehung Griffe und Tritte ausgeschlossen werden, ist quasi garantiert, dass du deine Lösung immer wieder anpassen musst, um von A nach B zu kommen. Oft werden dann Bewegungen nötig, die andere von Schraubern definierte Boulder nicht von dir verlangen. Diese Vielseitigkeit ist die beste Technikschule, die man sich wünschen kann, weil sämtliche Bewegungen zufällig entstehen und nicht den Beschränkungen des kommerziellen Routenbaus unterliegen.
Tipps für ein erfolgreicheres Training
Weiter optimieren lässt sich der Trainingseffekt, wenn du ein paar einfache Anregungen berücksichtigst:
Empfehlen kann ich dir, das Farbenspiel immer wieder an verschiedenen Wänden mit unterschiedlicher Neigung und Griffauswahl zu spielen. Bist du beispielsweise an der Platte unterwegs, sind der Gleichgewichtssinn und die Fußtechnik stärker gefragt, als es in einem Überhang der Fall wäre, wo Kraft zählt. Die Anforderungen zu variieren sorgt für mehr Abwechslung und damit für bessere Ergebnisse. Eine gute Idee ist es außerdem, eine Wand zu suchen, an der verschiedene Grifftypen vertreten sind. Das gibt dir die Gelegenheit, dich mit allen Varianten vertraut zu machen. Zudem solltest du Querungen den Vorzug geben, also Start- und Top-Griffe so wählen, dass du diagonal durch die Wand kletterst. Das schult die Arbeit mit dem Körperschwerpunkt und den Füßen besser als ein Boulder, der einfach vertikal nach oben geht. Zu guter Letzt kann es nicht schaden, das Farbenspiel gemeinsam mit einem Kletterkollegen zu spielen. Möglicherweise finden sich so Lösungen für Züge, die dir nicht eingefallen wären. Auch das hilft, ein größeres Bewegungsrepertoire aufzubauen.
Mehr Tipps zum Training von Technik, Kraft und mentaler Stärke findest du in meinem Buch Bouldertraining.
2 Gedanken zu „Techniktraining: Mit dem Farbenspiel zur besseren Klettertechnik“