2016 sind wir bei der Suche nach einem sommertauglichen Bouldergebiet auf Kjugekull gestoßen. Zwei Jahre später, Mitte Juli 2018, hat uns der schwedische Granit ein weiteres Mal angelockt. Schon bei unserem ersten Besuch stellten uns die Boulder vor eine überraschend große Herausforderung – ein Eindruck, der sich auch dieses Mal bestätigte. Dennoch würde ich in den Ausflug rückblickend aus mehreren Gründen als sportlichen Erfolg bewerten. Auch weil sich gezeigt hat, dass es sich lohnt, die eigene Komfortzone zu verlassen.
Sommerhitze statt nordischer Frische
Zuerst einmal: Die Bedingungen in den zwei Wochen unseres Aufenthalts waren alles andere als ideal. Zumindest, wenn es ums Klettern ging. Das Quecksilber stieg quasi durchgehend über die 30-Grad-Marke, weshalb die Besuche des Gebiets zum Teil sehr früh gestartet oder auf den späten Nachmittag verlegt werden mussten. Teilweise kam eine drückende Schwüle dazu, die nach einem Gewitter schrie, das aber jedes Mal ausblieb. Geregnet hat es während unseres Besuchs nicht einen Tropfen, sodass sich die Hitze sogar im Wald staute. Alles natürlich kein Stimmungskiller, schließlich kann man problemlos in die nahe gelegenen Seen Ivösjön und Oppmannasjön springen und sich so Abkühlung verschaffen.
Harte Bewertungen und mäßige Bedingungen
Trotz der Hitze konnten wir acht gute Bouldertage unterbringen, die inklusive der ersten Eingewöhnungssessions recht erfolgreich verliefen – zumindest nachdem die Perspektive etwas zurechtgerückt wurde. Der knackige Bewertungsstil war für meinen Boulderpartner, der Kjugekull noch nicht kannte, immer wieder eine Überraschung. Einer der häufigsten Sätze lautete deshalb: „Die spinnen doch!“ Letztlich konnten wir trotzdem einige Boulder in nahezu gewohnter Schwierigkeit klettern, auch wenn die Erfolgsrate im 7er-Bereich um einiges geringer als in anderen Gebieten ausfiel und manchmal schon 6er zu mehrstündigen Projekten wurden.
Besonders angenehm für mich: Unter den abgehakten Linien finden sich auch Boulder, deren Einzelzüge ich beim letzten Mal noch nicht klettern konnte. Dazu zählt unter anderem die 7a+ The 4-layer man in the 2-layer version, die im oben verlinkten Video zu sehen ist. Darin erkläre ich auch, wie ich mit der Klatsche umgegangen bin, die mir Kjugekull 2016 verpasst hat, und wieso das wichtig für meine Weiterentwicklung als Kletterer war.
Bei allem Erfolg: Unter anderen Bedingungen wäre sicher noch mehr möglich gewesen. Wie stark der Einfluss des Wetters sein kann, wurde mir bei der Top-Linie Ken Titan vor Augen geführt, die mir dank der Wärme fast durch die Lappen gegangen wäre. Die 7a startet mit einer mäßigen Zange und einer glatten Leiste, mit der ich mich erst nach einigen Versuchen wirklich anfreunden konnte. Als dann für ein paar Minuten warmer Wind aufkam, wurde aus dem bescheidenen ein unhaltbarer Griff. Kurze Zeit später sank die Temperatur wieder und Ken Titan wanderte auf die Tickliste. Gut möglich also, dass sich bei bouldertauglicheren Temperaturen unterhalb von 20 Grad die Schwierigkeitsgrade in Kjugekull ein wenig relativieren. Andererseits sind wir mit der Erfahrung nicht allein. Eine Kletterin sprach uns darauf an, ob wir ähnliche Anlaufschwierigkeiten haben, und erzählte dann von Freunden, die normalerweise 7c bouldern, in Kjugekull aber maximal 6c knacken konnten. Ganz so groß fiel die Leistungslücke bei uns dann glücklicherweise nicht aus.
Kjugekull lohnt!
Dass kein Problem jenseits der 7a+ klappen wollte, ist zumindest für mich kein Grund für Frust. Eher ist es so, dass der erneute Besuch in Kjugekull mir gezeigt hat, dass die Arbeit der letzten zwei Jahre nicht umsonst war. Gleichzeitig konnte ich dadurch wieder Motivation tanken. Während das Training in der Halle bei mir zuletzt das Gefühl weckte, auf der Stelle zu treten, sprechen die Erfahrungen aus dem diesjährigen Trip nach Schweden eine andere Sprache. Ein Tapetenwechsel ist also immer eine gute Sache. Ganz zu schweigen vom Erholungsaspekt. Kjugekull hat uns mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gesehen.
Wenn du Kjugekull noch nicht kennst, empfehle ich dir meine Artikel von 2016, in denen ich das Gebiet genauer vorstelle:
Bouldern in Kjugekull – Der erste Eindruck
Bouldern in Kjugekull – Die erste Woche
Bouldern in Kjugekull – Mein Fazit