Fingerkraft für Anfänger: Wie du an der Boulderwand stärkere Hände bekommst

Dass Fingerkraft beim Klettern eine zentrale Rolle spielt, ist offensichtlich. Selbst wenn die Füße im Idealfall den Großteil des Körpergewichts tragen, müssen uns unsere Hände auch an kleinsten oder runden Griffen sicher an der Wand halten. Viele Klettereinsteiger wollen deshalb möglichst schnell einen eisernen Griff entwickeln. Die Trainingsmethoden erfahrener Athleten sind für sie nur bedingt geeignet, aber es gibt Alternativen.

Wichtig für Einsteiger: Technik kommt vor Kraft

Regelmäßige Leser dieses Blogs werden es vielleicht schon mitsingen können, trotzdem möchte ich es in diesem Artikel nicht unerwähnt lassen: Auch wenn Kraft wichtig ist, ist sie nur einer der Faktoren, die einen guten Kletterer ausmachen. Technik und Psyche spielen eine ebenso große Rolle, in einsteigerfreundlichen Bouldern und Kletterrouten sind sie sogar das Wichtigste. Deshalb ist jeder Neuling gut beraten, die Entwicklung dieser Aspekte zum Hauptaugenmerk des Trainings zu machen. Ist dem so, spricht natürlich nichts dagegen, einen Teil der Zeit darauf zu verwenden, mehr Fingerkraft aufzubauen.

Mehr Fingerkraft durch gezieltes Training an der Boulderwand

Eigentlich ist die Entwicklung der Fingerkraft ein natürlicher Bestandteil des Kletterns. Geht man an die Wand, wird die Hand- und Unterarmmuskulatur immer mittrainiert, weil sie in einer Weise gefordert wird, die für menschlichen Alltag ungewöhnlich ist. Folglich erzeugt die Kletterei einen Reiz, auf den der Körper mit der Anpassung an die neue Belastung reagiert.

Damit die Leistungskurve beständig nach oben zeigt, genügt es anfangs, etwa zwei Mal in der Woche an die Wand zu gehen und möglichst schwer zu klettern. Wobei schwer in Bezug auf den Aufbau der Fingerkraft mit körperlich, anstatt technisch anspruchsvoll gleichzusetzen ist. Ideal sind deshalb Boulder im Überhang oder Dach, weil hier der größte Teil der Arbeit von den oberen Extremitäten erledigt werden muss. Mit den Füßen lässt sich der Oberkörper kaum noch entlasten. Gehört steiles Gelände nicht zu deinen natürlichen Verbündeten, genügt es schon, bei jedem Hallenbesuch fünf oder sechs Boulder im Überhang zu klettern, um schnelle Fortschritte zu erzielen. Willst du den Fokus auf die Haltekraft legen, ist natürlich wichtig, dass die Routen fingerlastig sind. Allzu große Henkel, an denen du mühelos hängen kannst, dürfen sie also nicht bieten. Außerdem solltest du auf Abwechslung achten. Immer die gleiche Linie zu klettern, wäre ein einseitiges Training.

Anstrengende Bewegungspausen

Boulder wie dieser Rote sind ideal für das Stop-and-Go-Klettern. Die Züge sind weder übermäßig technisch noch zu weit, um sie statisch zu lösen. Auf echte Henkel hat der Routensetzer ebenfalls verzichtet.

Willst du einen etwas strukturierteren Ansatz verfolgen oder einfach Abwechslung in dein Programm bringen, ist das Stop-and-Go-Klettern eine gute Alternative. Hier suchst du dir vornehmlich Boulder an der geraden Wand oder im Überhang, die dir schwerfallen, die du aber sicher klettern kannst. Nun kletterst du diese und legst bei jedem Zug eine etwa ein- bis zweisekündige Bewegungspause ein, kurz bevor deine Hand den nächsten Griff erreicht. Dadurch zwingst du deinen Körper, die Spannung am anstrengendsten Punkt der Bewegung aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig müssen auch die Finger der haltenden Hand stärker arbeiten, als es der Fall wäre, wenn du den nächsten Griff direkt schnappen würdest. Besonders für Kletterer, die ansonsten eher mit schwungvollen Bewegungen an der Wand unterwegs sind, ist das herausfordernd.

Für eine Einheit des Stopp-and-Go-Kletterns wählst du dir fünf Boulder aus, welche Griffarten bieten, die dir weniger liegen. Leistenfans gehen also an Sloper, wer es rund mag, sucht sich eher Leisten. Dann beginnst du, die Boulder wie oben beschrieben zu klettern, und legst nach jedem erfolgreichen Durchgang zwei bis drei Minuten Pause ein. Merkst du, dass die Finger nach dieser Zeit noch immer schwächeln, darf die Erholung auch etwas länger ausfallen, bevor es zum nächsten Boulder geht. Wichtig ist, es gerade am Anfang bedächtig anzugehen, um keine Verletzungen oder Überlastungen zu riskieren.

Hast du alle Boulder geklettert, wäre noch ein zweiter Durchgang möglich. Diesen solltest du aber vom Gefühl in den Fingern abhängig machen und möglicherweise erst in der zweiten oder dritten Trainingseinheit angehen. Beim ersten Mal ist es noch sinnvoll, es bei fünf Durchgängen zu belassen und zu schauen, wie der Körper auf den neuen Reiz reagiert. Hast du am nächsten Tag ziehende Schmerzen im Bereich des Ellenbogens, war die Belastung bereits zu hoch. Bleiben diese aus, kannst du die Zahl der Durchgänge langsam erhöhen oder schwerere Boulder wählen.

Regelmäßigkeit macht den Unterschied

Egal, für welche Trainingsform du dich entscheidest, Erfolg wirst du nur haben, wenn du sie regelmäßig verfolgst. Um die Muskeln zu stärken, musst du sie über Wochen immer wieder an ihre Grenzen bringen. Und auch, wenn du später andere Aspekte des Kletterns in den Fokus rückst, solltest du pro Woche zumindest ein paar physisch fordernde Boulder klettern. Andernfalls verlierst du die gewonnene Kraft wieder, weil der Körper sich dann an die gesunkenen Anforderungen anpasst.

Wenn du weitere Methoden zur Verbesserung deiner Kraft kennenlernen möchtest, wirf einen Blick in die Trainingskategorie dieses Blogs und in mein Buch Bouldertraining. Natürlich erfährst du darin auch, wie du technisch und mental fitter werden kannst.

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