Chalkbags gibt es wie Sand am Meer. Suche ich zum Beispiel im Online-Shop von Bergzeit nach verfügbaren Modellen, werden mir über 160 verschiedene Bags angezeigt. Die Preise reichen von knapp über 10 Euro bis 50 Euro. Gerade für Klettereinsteiger ist die Verlockung groß, erst einmal ein günstiges Modell zu kaufen. Wer will schon viel Geld für einen Stoffbeutel ausgeben, wenn der im dümmsten Fall nach wenigen Einsätzen im Schrank verstaubt? Gerade Boulderer sollten bei der Chalkbag-Wahl dennoch genau überlegen, was sie benötigen. Viele Produkte sind nicht auf die Nutzung auf der Matte ausgelegt und erfüllen ihren eigentlichen Zweck beim Bouldern kaum.
Nach ein paar Besuchen in der Halle steht für die meisten von uns die Frage im Raum, ob es auf lange Sicht nicht günstiger ist, sich ein eigenes Chalkbag zu kaufen, statt eines zu leihen. Entscheidest du dich für ein günstiges Modell, kann sich das bereits nach ein paar Besuchen rechnen. Normalerweise handelt es sich dabei dann um ein klassisches Chalkbag mit Hüftgurt, wie es von vielen Kletterern getragen wird. Neben dem oft sehr erschwinglichen Preis bieten diese Modelle viele Vorteile. Sie sind kompakt genug, um bequem in einen Rucksack zu passen. Sie erlauben es, an der Wand nachzuchalken, wenn es mal etwas länger dauert. Und sie haben normalerweise auch einen Bürstenhalter, der die Griffbürste sicher verwahrt, wenn du sie gerade nicht brauchst. Das wirkt wie ein ansprechendes Komplettpaket. Trotzdem haben diese Chalkbags einen Haken: Sie sind beim Bouldern eigentlich unbrauchbar.
Chalk-Explosionen und blaue Flecken
Das liegt an mehreren Punkten: Der große Vorteil – dass du dein Chalk auch an der Wand immer in Griffweite hast – ist beim Bouldern ein riesiger Nachteil. Denn die Hüftbeutel sind eigentlich fürs Seilklettern gemacht, wo man nach einem Sturz weich im Seil und nicht hart auf einer Matte landet. Statt das Chalk sicher im Inneren zu halten, fliegt es bei der Landung aus dem Bag und verteilt sich auf dem Boden und der Kleidung. Mit etwas Pech rutscht auch noch eine Ladung des Pulvers über den Hosenbund in die Hose. Danach ist man erst einmal damit beschäftigt, das Chalk wieder aufzuwischen und zurück in den Beutel zu schaufeln – was natürlich nie völlig gelingt.
Dass sich dieses Problem ein Stück weit vermeiden lässt, wenn du das Chalkbag beim Abspringen mit einer Hand zudrückst, hilft nur bedingt. Schließlich ist nicht jeder Abflug freiwillig. Bei Stürzen kann es sogar doppelt unangenehm werden, sobald du den Bürstenhalter auch tatsächlich als Bürstenhalter verwendest. Nach einem zwei Meter Abflug auf einer Bürste zu landen, kann richtig schmerzhaft werden. Sind im besten Fall nur die Klamotten weiß, hast du im blödesten eine schmerzende Hüfte samt blauem Fleck.
Besser ist es also, den kleinen Begleiter gleich auf der Matte zu lassen. Doch auch da sind Chalkunfälle nur eine Frage der Zeit. Legt man Kletterchalkbags auf den Boden, bleiben sie nicht stehen. Sie kippen um und ihre Öffnung zeigt zur Seite. Ein unbedachter Schritt oder ein kleiner Stoß mit dem Fuß reicht dann schon, um den Inhalt auf die Matte zu schütten. Was du beim Kauf des Beutels gespart hast, gibst du so am Ende für neues Chalk aus.
Boulderbuckets sind die besseren Begleiter
Viele Hersteller haben deshalb mittlerweile Chalkbags im Angebot, die speziell für den Bouldereinsatz entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um mehr oder weniger große Taschen, die auch dann noch sicher stehen, wenn man sie kräftiger anstößt. Außerdem gibt es verschiedene Verschlusssysteme. Kletterchalkbags haben in den meisten Fällen einen einfachen Kordelzug, bei Boulderbags gibt es zusätzlich Lösungen mit Klett, mit Magneten oder Taschen, die sich einrollen lassen. Teilweise werden diese Dinge miteinander kombiniert, um sicherzustellen, dass das Chalk wirklich bleibt, wo es sein soll.
Weil es für einen sicheren Stand auch eine gewisse Größe benötigt, glänzen die „Boulderhandtaschen“ oft mit mehr Stauraum – nicht nur für das weiße Pulver, sondern auch für weitere Utensilien. Mehrere Bürstenhalter, zusätzliche Taschen für Liquid-Chalk, Tape oder das Handy sind Standard. Kleiner Nachteil: Boulderbags sind in der Regel auch etwas teurer als ihr Geschwister mit Hüftgurt. 20 Euro solltest du mindestens für die Anschaffung einplanen, für 30 Euro gibt es bereits eine größere Auswahl an verschiedenen Modellen.
Drei Modelle für verschiedene Geschmäcker
Neben der Frage, wie viel du ausgeben möchtest, sollte bei der Kaufentscheidung aber auch ausschlagend sein, wie du dein Boulderbag nutzen möchtest. Fährst du eher mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Halle? Dann ist ein kleineres Modell, das gut in den Rucksack passt, eine gute Wahl. Mein Favorit wäre in diesem Fall das Petzl Sakab*, welches mit einer Kombi aus Magnet- und Rollverschluss recht zuverlässig dafür sorgt, dass dein Rucksack nicht komplett einstaubt. Die Kompaktheit bezahlst du allerdings mit etwas weniger Stauraum für zusätzliche Dinge. Zwei kleine Taschen und zwei Bürstenhalter bieten lediglich Platz für das Nötigste.
Willst du beim Zubehör keine Kompromisse eingehen und das Chalkbag liegt eh immer in einem Kofferraum? Dann könnte das 8b+ Maxwell* die richtige Wahl für dich sein. Es bietet reichlich Platz für Bürsten, Tape, Flüssigchalk und Handcreme. Und selbst so derart beladen dürftest du dein Handy noch problemlos unterbekommen. Mit einer versteckten Tasche auf der Unterseite kannst du sogar dein Portemonnaie und deine Schlüssel sicher verwahren. Das Maxwell ist ein echtes Raumwunder. Das auffällige Design bleibt dagegen Geschmackssache. In der Halle ist der flauschige Kollege ein echter Hingucker, für einen Ausflug in den Wald aber kaum geeignet.
Einen guten Kompromiss aus beiden Welten bietet zum Beispiel das Edelrid Herkules*. Mit Klett- und Rollverschluss ist es staubsicher, lässt sich einfach zusammenfalten und passt so auch in den Rucksack. Trotzdem bietet es mehr Platz als das Petzl Sakab, sowohl für Chalk als auch für Zubehör. Kleiner Nachteil ist, dass es nicht ganz so stabil ausfüllt wie die beiden anderen Modelle. Werden die Taschen an der Seite zu schwer beladen, fällt es von allein um. Doch selbst wenn das passiert, bleibt das Chalk trotzdem im Bag. Dass du den Inhalt mühselig zusammenkehren musst, wird also eher selten passieren.
Wenn du dir einen genaueren Eindruck von den genannten Chalkbags machen möchtest, schau dir das oben verlinkte Video an. Darin testen Saskia, Philip und ich die drei Modelle und küren unsere Favoriten.
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