9 Einsteigerfehler beim Bouldern, die nicht nur Einsteiger machen

Die Regeln beim Bouldern sind eigentlich ganz einfach. Wenn ich die Wand hochklettere und nur Griffe und Tritte einer Farbe nehme, ist alles okay, oder? Ganz so einfach ist es leider doch nicht. Zwar bekommt man es beim ersten Besuch einer Halle so oder so ähnlich erklärt und in Kurzform stimmt es auch. Es gibt aber noch eine Reihe von weiteren Spielregeln. Manche davon sind selbst Kletterern nicht bewusst, die schon etwas länger dabei sind.

Einen Boulder nach oben zu kommen, ist manchmal tatsächlich nicht alles. Das Wie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Und dabei geht es weniger darum, dass die Begehung schön anzusehen sein muss – auch wenn das natürlich von Vorteil ist. Es gibt ein paar Dinge, die man immer wieder sieht, die die Gültigkeit einer Begehung in Zweifel ziehen. Manchmal ist der Fall völlig klar. Hin und wieder ist aber auch nicht so leicht zu sagen, ob etwas legitim war oder nicht.

Die Matte hilft beim Start

Gerade bei Klettereinsteigern ist er beliebt – und gleichzeitig eine tolle Variante, sich um eine Begehung zu bringen, die von allen akzeptiert wird: der Sprungstart. Häufig zu sehen ist er, wenn jemand Probleme damit hat, beide Startgriffe zu halten oder eine stabile Position zu finden. Um trotzdem in den Boulder zu kommen, wird der Start verkürzt. Die Hände gehen an die Startgriffe, ein Fuß an die Wand und mit dem zweiten stößt man sich leicht von der Matte ab. Im gleichen Moment zieht eine Hand schon zum nächsten Griff.

Das funktioniert zwar, wird aber allgemein nicht als legitimer Start angesehen. Die Startposition muss stabil eingenommen werden. Heißt: Hände und Füße gehen von der Matte weg, ohne dass direkt weitergeschnappt wird. Dynamik hat beim Starten keinen Platz. Es sei denn, der Boulder ist tatsächlich als Sprungstart oder Anläufer gedacht. Ein deutliches Indiz dafür: Die markierten Griffe hängen so weit oben, dass man sie von der Matte nicht einfach erreicht.

Hauptsache stabil…

Hin und wieder legen es Routenbauer auf wackelige Bouldereinstiege an. Typisch sind zum Beispiel Anläufer, bei denen man als Startgriff nur einen flachen Aufleger hat, an dem man sich kaum oder gar nicht festhalten kann. In anderen Bouldern lassen sich die Startgriffe nur halten, wenn man mit einem dynamisch gelegten Toe-Hook Gegenzug aufbaut. Das macht diese Starts knifflig, aber kann es nicht umgehen, indem man andere Griffe zu Hilfe nimmt, um in die Startposition zu kommen? Am Ende klettert man ja dann doch den gleichen Boulder…

Diese Argumentation wirkt nur auf den ersten Blick logisch. Denn tatsächlich ist der Start bei solchen Bouldern Teil der Herausforderung. Erleichtert man sich die Startbewegung, überspringt man einen Teil des Problems. Und auch wenn die Wand mit bunten Griffen vollgepflastert ist, jedes Kletterproblem steht für sich allein. Alles, was rechts, links und dazwischen hängt, aber kein Teil des Boulders ist, könnte genauso gut gar nicht an der Wand hängen. Also bleibt es auch beim Starten tabu.

Dynamische Starts können tricky sein. Andere Griffe darf ich trotzdem nicht verwenden.

 

Top! Oder doch nicht?

Auch am anderen Ende eines Boulders warten Fallstricke. Denn manchmal besteht ein guter Teil der Schwierigkeit darin, den Top-Griff zu doppeln. Und da sind wir bereits beim ersten gern gemachten Fehler: Der Kletternde ist zufrieden damit, den Topgriff mit einer Hand zu ereichen. Manchmal wird die zweite nicht einmal vom vorletzten Griff gelöst, sondern direkt zurückgeklettert. Für einen legitimen Top müssen allerdings beide Hände den Top berühren. Und sei es nur, dass die Fingerspitzen der zweiten Hand ihn antippen.

Wie lange man die Topposition halten muss, ist nicht wirklich festgelegt. Manchmal heißt es, man müsse ruhig bis drei zählen können. Tatsächlich geht es aber auch hier wieder um Kontrolle. Wenn ich in einem Balanceboulder beim Herauskippen schnell noch die zweite Hand zum Top bringe, dann aber direkt falle oder im Abrutschen noch mit der zweiten Hand an den Topgriffe schlage, wird das offensichtlich für Diskussionen sorgen. Andererseits wird wohl kaum jemand darüber streiten, ob die Begehung zählt, wenn ich den Top mit der zweiten Hand nur kurz antippe, dabei aber den Eindruck mache, dort auch einhändig noch ein paar Minuten hängen zu können. Außer im Wettkampf. Da wird erst losgelassen, wenn es der Schiri erlaubt.

Die Kante ist doch auch irgendwie Top

Eigentlich ist Kreativität beim Bouldern eine gute Sache. Und eigentlich ist die Nutzung der Wand auch immer erlaubt. Manchmal wird allerdings beides auf eine Art kombiniert, die anschließend für Kritik sorgt. Nämlich dann, wenn die obere Kante der Wand verwendet wird, um einen Boulder zu lösen. Denn anders als andere Wandkanten ist diese normalerweise nicht dabei. Weder kann sie als höherer Ersatz des Topgriffs verwendet werden, wenn man diesen nicht halten kann. Noch ist sie eine Möglichkeit, sich den Weg zum Topgriff zu erleichtern.

Ausnahmen gibt es in Hallen, in denen die Wandkante explizit als Topgriff definiert wurde. Gibt es dann keine anderweitige Markierung am letzten Griff, geht es bis ganz hoch. Manchmal kann es auch sein, dass ein kleiner, an sich unhaltbarer Griff in Kantennähe gesetzt wird. Dann darf man die Kante in diesem Bereich greifen und den Spax beispielsweise mit den Daumen berühren, während die anderen Finger auf der Wandkante liegen. Eine dritte Ausnahme sind Boulder in Ausstiegsbereichen, bei denen man über die Wand hinausklettert und den Kante natürlich auch für den Ausstieg nutzen darf. Aber Vorsicht: Ausstiegsboulder müssen auch ausgestiegen werden, selbst wenn man den letzten Griff in den Händen hält. Wer von dort aus abspringt, hat den Abschluss des Problems nicht geklettert.

Beide Hände, beide Füße?

Im ersten Punkt habe ich schon angedeutet, dass Hände und Füße die Matte verlassen müssen, damit ein Start wirklich als Start gilt. Aber heißt das auch, dass die Füße direkt auf den Tritten des Boulders stehen müssen? Wenn dir schon mal jemand gesagt hat, dass dein Start nicht zählt, weil du nur mit einem Fuß auf den Tritten des Boulders standest, hast du Glück. Sofern keine festen Starttritte definiert sind – wie es in Wettkämpfen gemacht wird – ist es zum Beispiel völlig legitim, einen Fuß gegen die Wand zu stellen.

Tatsächlich machen sich Klettereinsteiger manchmal das Leben schwer, weil sie versuchen, zum Start beide Füße auf die Tritte eines Boulders zu stellen. Dabei sind manche Boulder gar nicht darauf ausgelegt. Manchmal ist es leichter, nur auf einem Tritt zu stehen und den zweiten Fuß gegen die Wand zu drücken. Und überhaupt: Weglassen ist erlaubt. Man könnte sogar ganze Boulder ohne die dafür gesetzten Tritte klettern. Weil die Wand (ohne die Topkante) und ihre Struktur grundsätzlich immer Teil des Boulders sind, wäre das regelkonform.

Mit einer Ausnahme…

Schraubenlöcher: Auch wenn sie Teil der Wand sind, zum Boulder gehören sie nicht.

Ja, es verlockt. Gerade auf der Platte, wo schon kleinste Griffe einen riesigen Unterschied machen, wandert die Hand bei einem Balancezug schnell zu den eingebauten Griffen in der Kletterwand. Alle 15 bis 20 Zentimeter bietet ein Schraubenloch die Möglichkeit, eine Fingerspitze zu versenken und so ein kleines Bisschen an etwas ziehen zu können, wo sonst nichts vorhanden ist. Erlaubt? Am Fels wäre es tatsächlich okay. Dort werden selbst kleinste Strukturen gegriffen. Im Zweifelsfall muss ein Kieselchen herhalten, um einen harten Zug etwas leichter zu machen. In der Halle sind die Schraubenlöcher als Griff aber tabu. Und das nicht nur im Wettkampf, wo es vom Regelwerk untersagt wird, Löcher zu greifen. Denn gerade auf in harten Platten geben sie manchmal mehr her als die eigentlichen Griffe. Sie mitzuverwenden würde also das eigentliche Problem zerstören.

Und mal ganz davon abgesehen: Es sieht irgendwie auch unelegant aus, wenn man auf der Suche nach ein bisschen Halt verzweifelt an Schraubenlöchern herumpopelt. Zumal die Züge immer auch ohne möglich sein sollten.

Was sind eigentlich diese Boxen an der Wand?

Diese Frage taucht bei Klettereinsteigern häufiger auf. Kurz gesagt: Es handelt sich um sogenannte Volumen, die die Wandstruktur aufbrechen sollen. Je nach Größe können sie den kompletten Charakter einer Wand verändern und das Klettern deutlich abwechslungsreicher machen. Wenn zum Beispiel eine senkrechte Wand dank eines großen Volumens im unteren Teil auf einmal einen kleinen Überhang hat und weiter oben zur Platte wird, können ganz andere Boulder gesetzt werden als ohne Volumen. Und natürlich dürfen die Volumen auch fürs Klettern verwendet werden, selbst wenn sie sich nicht in der gleichen Farbe sind, wie die Griffe des Boulders, an dem du dich gerade versuchst. Wenn sich ein Zug unmöglich schwer anfühlt, weil dir ein Griff oder Tritt fehlt, da aber noch eine Reihe von Boxen sind, stehen die Chancen gut, dass du sie mitbenutzen darfst.

Ist das überhaupt dabei?

Damit ist die Geschichte rund um die Volumen aber leider noch nicht beendet. Denn während manche Hallen sie wie mobile Wandteile behandeln, – Volumen dürfen dann für alle Boulder verwendet werden -, sind sie in anderen nur für bestimmte Linien gedacht. Die Frage, wie es in der jeweiligen Halle richtig geht, interessiert deshalb jeden, der zum ersten Mal eine neue Halle betritt. In der Nordwand Erfurt zum Beispiel sind Volumen normalerweise immer für alles verwendbar. Es gibt aber auch eine Serie von pinken Volumen, die wie normale Griffe behandelt werden. Obwohl sie ebenfalls als beschichtetem Holz gefertigt wurden, sind sie im Gegensatz zu anderen Volumen nicht dafür gemacht, zusätzliche Griffe aufzusetzen. Die typischen M10-Gewindemuttern fehlen. In anderen Hallen mag das aber anders sein. Willst du auf Nummer sicher gehen, fragst du deshalb am besten am Tresen nach.

Hat doch keiner gesehen…und geholfen hat es auch nicht!

Kurz mal beim Dyno mit dem Fuß über die Matte gewischt oder beim Weitertreten den Griff einer anderen Route berührt. Für die einen macht das nichts aus, andere halten es für ein No-Go. Die sogenannten Dabs sorgen immer wieder dafür, dass die Legitimität einer Begehung angezweifelt wird. Der Grund ist einfach: Sobald man etwas berührt, das nicht zur Route gehört, stellt sich die Frage: Hat es geholfen? Hätte man den Durchstieg auch ohne diese Berührung geschafft. Ein Mattenstreifer kann zum Beispiel den Schwung etwas verringern. Und die Berührung eines Griffs könnte dem Fuß ja zusätzlichen Halt gegeben haben. Gerade bei eng bestückten Hallenwänden kann die echte Herausforderung manchmal weniger die Bewegung an sich sein, sondern dabei nichts anderes zu berühren. Trotzdem: Wer über jeden Zweifel erhaben sein will, muss Dabs vermeiden.

Du bist Klettereinsteiger und möchtest von Anfang an alles richtig machen, um beim Bouldern richtig durchzustarten? Dann habe ich die passende Lektüre für dich:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert