Wenn man die ersten paar Stunden in der Boulderhalle hinter sich hat, merkt man das nicht nur in den Muskeln. Als empfindlich entpuppt sich auch die Haut an den Händen, die eine fleißige Bouldersession mit einem ordentlichen Brennen quittiert. In meinen Anfängertagen war das für mich einer der limitierenden Faktoren beim Training. Irgendwann ließen sich die Griffe einfach nicht mehr halten, weil es zu schmerzhaft wurde. Dass dieses Problem weiter verbreitet ist, sieht man an Neulingen, die in Fahrradhandschuhe schlüpfen, noch bevor sie den ersten Griff angefasst haben. Ich würde allerdings schwer bezweifeln, dass sie sich damit einen Gefallen tun.
Warum Handschuhe keine Lösung sind
Der Gedanke ist natürlich verlockend: Anstatt sich die Hände wund zu klettern, sollen die Handschuhe die mechanische Belastung schlucken. Am Ende bleibt der Spaß, die Schmerzen haben aber nur die anderen. Tatsächlich mag das sogar klappen, wenn man in den ersten Routen lediglich an Henkeln unterwegs ist, weil es dann nicht so sehr auf die richtige Reibung oder ein gutes Griffgefühl ankommt. Wenn das Griffrepertoire sich aber langsam auf Sloper erweitert, wird es knifflig. Die Handschuhe schützen dann zwar noch immer die Haut, werden ansonsten aber eher stören. Erfahrenere Kletterer wird man deshalb quasi nie mit Handschuhen klettern sehen. Die haben es allerdings auch nicht nötig.
Der Grund dafür ist die Anpassung unseres Körpers auf die Belastung, die nicht nur Muskeln, Sehnen und Bändern, sondern auch die Haut betrifft. Schon nach der ersten Klettersession wird an den Händen eine Schicht aus toten Hautzellen aufgebaut, die die empfindlicheren tieferen Hautschichten vor der Beanspruchung durch die Griffe schützt. Die Finger und Handfläche legen sich quasi einen Panzer aus Hornhaut zu. Sobald der vorhanden ist, hält man auch ohne Schmerzen länger durch. Klettert man in der Anfangszeit mit Handschuhen, wird diese Anpassung verzögert oder ganz verhindert, sodass die Schmerzen sofort wieder zum Problem werden, wenn man ohne klettern muss. Besser ist es also, gleich darauf zu verzichten.
Was vor brennenden Händen schützt
Mancher wird an dieser Stelle einwerfen, dass man durch die Handschuhe auch lästige Hautverletzungen vermeiden kann. Das stimmt, bleibt aber ein schwaches Argument. Schließlich ist das auch möglich, wenn man ein paar Dinge beachtet, die sowieso zur Kletterpraxis gehören. Hier ein paar Punkte, die in diesem Zusammenhang entscheidend sind:
1. Gute Klettertechnik:
Wer die Hände mit den Füßen entlastet, verringert auch die Beanspruchung der Haut. Gleiches gilt für den Einsatz von Schwung. Dynamik ist zwar wichtig, will aber kontrolliert genutzt werden. Wer einfach von Griff zu Griff ballert, braucht sich über Blessuren nicht zu wundern.
2. Ausreichend Chalk-Einsatz:
Chalk trocknet den Handschweiß und sorgt so dafür, dass die Hornhaut nicht aufweicht, was sie leichter reißen lassen würde. Außerdem verbessert es die Reibung, wodurch man nicht so schnell abrutscht. Das wiederum gehört zu den häufigsten Gründen, warum man beim Klettern Haut verliert.
3. Abwechslungsreich klettern:
Henkel sorgen durch ihre Beschaffenheit dafür, dass sich Hautschwielen zusammendrücken, wodurch Blasen entstehen können, die aufreißen. Man tut also gut daran, auch mal Leisten oder Sloper in die Hand zu nehmen. Außerdem sollte nicht permanent im Dach geklettert werden. Dort liegt die Belastung viel stärker auf den Händen und damit auch auf der Haut. Selbst erfahrene Boulderer bekommen im steilen Gelände schnell brennende Finger.
4. Rechtzeitig tapen:
Wenn man merkt, dass sich eine Blase bildet oder eine Schwiele abzureißen droht, kann man vorsorglich einen schützenden Tape-Verband um die betroffene Stelle legen und damit noch einige Zeit weiterklettern.
Alternativ könnte man den Klettertag natürlich auch für beendet erklären und noch ein kühles Blondes genießen. Die geschundenen Finger um das kalte Glas zu legen, ist dann ebenfalls eine Wohltat. Dabei bietet sich die Gelegenheit, über Lösungswege für nicht geschaffte Projekte zu debattieren. So steigt dann auch gleich die Motivation, der Halle bald einen weiteren Besuch abzustatten.