Bathang-Starts: So meisterst du den umstrittenen Boulderstart

Er ist einer der „kreativen“ Boulderstarts, der in den meisten Hallen mit schöner Regelmäßigkeit auftaucht. Und er trifft immer auf ein gemischtes Echo. Während ein Teil der Kletterer die Idee liebt, halten andere sie für ziemlichen Quatsch. Die Rede ist vom Bathang-Start, auch bekannt als Handstand- oder Feet First-Start. Bei diesem Einstieg in ein Problem hängt der eigentliche Startgriff in Bodennähe und ist oft so schlecht, dass man ihn nicht festhalten kann. Um trotzdem regelkonform mit beiden Händen am Startgriff beginnen zu können, werden die Füße an einem weiter oben hängenden Griff eingehakt. Anschließend baumelt man wie eine Fledermaus an der Wand. So simpel die Theorie ist, in der Praxis gibt es einige Fallstricke, die dafür sorgen, dass der Start direkt die erste Crux ist. Ein paar Probleme sind dabei typisch – und lassen sich zu einem großen Teil vermeiden.

Wie starte ich eigentlich korrekt in den Bathang?

Schon die Frage, wie ein legitimer Einstieg aussieht, kann für erste Schwierigkeiten sorgen. Wie so oft beim Bouldern lässt es sich wunderbar darüber diskutieren, was erlaubt ist und was gegen die Regeln verstößt. Beim Bathang dürfte der Konsens aber wie folgt aussehen:

Sauber ist der Start, wenn die Füße von der Matte aus an einem Griff oder Tritt oberhalb des Startgriffs eingehakt werden, bevor der restliche Körper die Matte verlassen hat. Ob du dafür in den Schulterstand, Kopfstand oder Handstand gehst, mit den Füßen die Wand hochläufst oder die Toe-Hooks direkt legst, spielt keine Rolle.

Was die meisten allerdings als Fehlstart ansehen würden, ist, wenn du beim Hooken mit den Händen einen anderen Griff als den Startgriff greifst. Der Klassiker ist, dass man sich rücklings zur Wand an den Griff hängt, an dem anschließend die Zehen aufgelegt werden, die Füße dann nach oben zieht, die Toe-Hooks legt und den Startgriff erst mit den Händen berührt, wenn man sicher hängt. Das ruft mit ziemlicher Sicherheit die Boulderpolizei auf den Plan. Denn, dass Griffe oder Tritte abseits der Startgriffe genutzt werden, um in die Startposition eines Boulders zu kommen, wird nicht gern gesehen. Nach Wettkampfregeln wäre es verboten. Einzig die Wand selbst darf als Hilfsmittel genutzt werden.

Abhängen klappt – und jetzt?

Während der regelkonforme Start in den meisten Fällen irgendwann gut klappt, ist die nächste Herausforderung, aus dem Bathang herauszuklettern. Denn sobald man anfängt, sich zu bewegen, zeigt sich, dass vermeintlich sichere Toe-Hooks manchmal ziemlich schnell flöten gehen können. Dann geht es zurück auf die Matte. Natürlich ist die Kraft im Unterschenkel dabei ein entscheidender Faktor. Es gibt aber auch eine Reihe von technischen Fehlern, die du vermeiden musst – und ein paar technische Kniffe, die dir das Leben leichter machen.

Mehr Spann- als Toe-Hook

Die Position des Toe-Hooks beeinflusst den Halt deutlich. Legst du den kompletten Spann auf, rutscht du schneller. Liegen nur die Zehen an, wird der Hebel im Sprunggelenk ungünstig. Am besten ist es, wenn der Mittelfuß auf der „besten“ Stelle des Griffs aufliegt. Ziehst du die Zehen an, kannst du so regelrecht zugreifen.

Dass der Toe-Hook als Toe-Hook bezeichnet wird, ist in vielen Fällen eigentlich etwas missverständlich. Denn abgesehen von seltenen Ausnahmen wirst du deinen Fuß bei dieser Technik immer auch mit dem Spann auflegen. Dadurch wird die Kontaktfläche zum Griff größer und der Halt besser. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass mehr Spanneinsatz per se für einen sichereren Hook sorgt. Viele machen beim Bathang den Fehler, den Toe-Hook sehr nah am Sprunggelenk anzusetzen. Das mag zwar im ersten Moment halten und sich aufgrund des günstigeren Hebels besser anfühlen. Schon eine kleine Bewegung genügt aber und der Fuß kommt ins Rutschen. Normalerweise lässt sich das nicht mehr aufhalten und der Versuch wird dadurch beendet.

Richtig ist es deshalb, den Toe-Hook eher in der Mitte des Fußes anzusetzen. Sobald du die Zehen anziehst, bildet sich dort eine Mulde, die sich um den Griff legt. Abzurutschen ist so weniger wahrscheinlich. Dass dein Kletterschuh an dieser Stelle normalerweise zumindest teilweise gummiert ist, macht den Toe-Hook zusätzlich effektiver. Noch besser klappt es, wenn du außerdem das Sprunggelenk beugst und versuchst, es während der gesamten Bewegung stabil zu halten. Ein derart aktiver Toe-Hook ist zwar anspruchsvoll, mit passiven Hooks funktioniert der Bathang jedoch leider nicht.

Das Tempo macht den Unterschied

Kopfüber zu hängen, wird für die meisten Menschen ziemlich schnell anstrengend. Deshalb ist es nur natürlich, wenn du versuchst, nach dem Start zügig an einen Griff zu kommen, an dem du dich drehen kannst. Schnelle Bewegungen sind allerdings Gift für den Halt deiner Toe-Hooks. Bewegst du dich zu ruckartig und veränderst dabei möglicherweise sogar deine Körperposition, muss deine Fußposition sehr stabil sein, damit du nicht direkt abrutschst.

Merkst du also nach dem Anlegen der Zehen und beim Doppeln des Startgriffs, dass deine Hooks nicht absolut sicher sitzen, gehst du es besser etwas ruhiger an. Bewege dich präzise und kontrolliert und versuche, die Position deines Unterkörpers möglichst stabil zu halten. Etwas mehr aufs Tempo drücken kannst du immer noch, sobald du den nächsten guten Griff sicher in der Hand hast.

Gut gedehnt, ist halb gewonnen

Bei all dem gibt es allerdings ein Problem: Sobald der nächste Griff in Reichweite kommt, kann es sein, dass sich dein Bewegungsspielraum gleichzeitig drastisch verkleinert. Denn häufig ist es so, dass dein nächster Griff der gleiche ist, an dem du gerade deine Füße eingehakt hast. Du bist also gezwungen, zu deinen Füßen zu greifen. Manche Menschen haben damit keine Probleme, andere können die letzten paar Zentimeter nur mit etwas Schwung überwinden. Die Flexibilität der Beinrückseiten macht den Unterschied.

Natürlich kann es funktionieren, sich einen kleinen Ruck zu geben und zum Griff zu schnappen. In vielen Fällen geht das aber damit einher, dass sich die Füße verabschieden, sobald man den Griff erreicht hat. Hat man anschließend keinen guten Halt für die Hand, heißt es auch hier: Zurück auf die Matte! So nah und doch so fern.

Falls wirklich nur ein paar Zentimeter fehlen, ist mein Tipp, vor dem nächsten Versuch eine kleine Dehneinheit für die Beinrückseiten einzulegen. Am einfachsten funktioniert das, wenn du ein paar Mal in die Vorbeuge gehst und versuchst, dabei die Beine möglichst gestreckt zu halten. Beuge dich nach vorn, bis es leicht zieht, halte die Position ein paar Sekunden und lass dann wieder locker. Gehst du das nächsten Mal nach unten, kannst du versuchen, noch ein bisschen tiefer zu kommen.

Flexible Beinrückseiten sind bei Toe-Hook-Bouldern oft von Vorteil. Der Bathang-Start stellt da keine Ausnahme dar. Kommst du mit den Händen nicht zu den Füßen und landest vorher wieder auf der Matte, kann eine kleine Dehneinheit helfen. Der Fokus sollte hier auf dem Beinbeuger und den Waden liegen.

Zusätzlich kann es helfen, die Waden aufzudehnen, weil auch sie dich daran hindern können, zu deinen Füßen zu greifen. Stütze dich dafür mit den Händen an einer Wand ab und geh mit einem Fuß einen Schritt nach hinten. Anschließend setzt du den Fuß inklusive der Fersen auf dem Boden auf und lehnst dich mit dem Körper leicht nach vorn, bis du ein Ziehen in den Waden spürst. Diese Position hältst du für etwa 20 Sekunden und wechselst dann die Seite. Sowohl die Vorbeuge als auch die Wadendehnung wiederholst du wenigstens drei bis vier Mal. Das sollte genügen, um ein paar Zentimeter zusätzliche Mobilität zu gewinnen.

So eine Last-Minute-Dehnung wird deinen Bewegungsspielraum zwar nur kurzzeitig erweitern, aber im Zweifelsfall reicht es ja, wenn deine Finger ein einziges Mal den Griff erreichen. Meine Empfehlung wäre es allerdings, dich damit nicht zufrieden zu geben. Nimm es als Anlass, häufiger an deiner Beweglichkeit zu arbeiten. Beim Bouldern ist die längst nicht nur bei Badhang-Starts Gold wert. 

Ich bleibe hängen, komme aber nicht zum Griff!

Okay, hat alles nicht geholfen, der Griff bleibt noch immer unerreichbar in der Ferne. Was tun?

Wenn das der Fall ist, solltest du dich erst einmal umschauen, ob es zwischen Startgriff und dem Griff, an dem deine Hooks liegen, noch etwas gibt, das als Zwischengriff dienen kann. Das kann zur Not auch ein besserer Tritt sein. Oft reicht es schon, irgendetwas unter die Finger zu bekommen, um sich die fehlenden Zentimeter nach oben ziehen zu können. Wichtig ist, dass du auch mit Zwischengriff in der Hand deinen Körperschwerpunkt unterhalb der Füße hältst. Ziehst du dich zu stark zur Seite oder drehst den Unterkörper, können die Toe-Hooks instabil werden.

Gibt es nichts an der Wand, was einen passablen Zwischengriff hergeben würde, kannst du immer noch versuchen, deine eigenen Waden zu greifen und dich an ihnen Richtung Griff zu ziehen. Auch das ist eine legitime Lösung.

Sind es die Schuhe?

Die Schuhe haben beim Badhang-Start natürlich einen Einfluss. Den offensichtlichsten Unterschied macht die Größe des Toe-Hook-Patches, der sich über den Spann zieht. Größer ist besser, weil Gummi bessere Reibungseigenschaften hat als gewöhnliches Obermaterial. Das heißt jedoch nicht, dass man mit kleinem Toe-Hook-Patch chancenlos wäre. Mit ordentlicher Positionierung und genügend Kraft im Fuß geht es auch mit einem Schuh, der kein ausgewiesener Toe-Hook-Experte ist.

Ein Kletterschuh mit großem Toe-Hook-Patch auf dem Spann ist für Bathang-Starts die richtige Wahl. Weniger großzügig gummierte Schuhe haben das Nachsehen, weil das übliche Obermaterial aus (Kunst-)Leder weniger Halt bietet. Funktionieren kann es trotzdem, solange der zu hookende Tritt nicht zu abschüssig ist.

Wichtiger ist in vielen Fällen die Form. Ein Schuh mit stark abfallendem Spann, der noch dazu eng sitzt, eignet sich schlechter für Toe-Hooks als ein weicher Trainingslatsch, der mit dem Fuß mitgeht. Selbst ein Einsteigerschuh wie der Simond First Klimb kann funktionieren – solange der gehookte Tritt ausreichend stark hinterschnitten ist. Ist er abschüssig, braucht es gute Reibung – und da ist Gummi klar von Vorteil.

…und wenn es doch die Kraft ist?

Wenn nichts hilft, liegt es möglicherweise einfach an deiner Kraft. Typisches Bild ist dann, dass deine Sprunggelenke sich während des Hängens immer weiter strecken, bis du abrutscht. Das kann ziemlich schnell gehen und sich sogar so anfühlen, als wäre es nur der Schuh, der den Halt verliert. Bist du dir unsicher, bitte einen Freund, auf die Beugung deines Sprunggelenks zu achten. Geht es immer wieder auf, bevor du abschrutschst, wird es unwahrscheinlicher, dass dir der Start direkt gelingen wird. Du kannst es natürlich mit einer längeren Pause versuchen, wenn du zuvor bereits einige Male im Start hingst.

Hilft auch das nicht, kannst du entweder einen Haken an den Boulder machen und weiterziehen oder dir das Problem als längerfristiges Projekt auf den Zettel schreiben. Es genügt bereits, in jeder Session ein paar Versuche investieren, um die nötige Kraft aufzubauen. Das braucht zwar Sitzfleisch, weil es keinen schnellen Top geben wird. Dafür wirst du sehr wahrscheinlich von Session zu Session Fortschritte bemerken – und anschließend in so ziemlich jedem Toe-Hook eine bessere Figur machen. Denn die aufgebaute Kraft ist etwas, das sich auch in anderen Situationen gut nutzen lässt.

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