Geheimtipp für starke Finger? Was das Training am Campusboard wirklich bringt

In fast allen Kletterhallen hat es mittlerweile einen Platz gefunden und ist aufgrund seiner Größe nicht zu übersehen. Das Campusboard gehört seit Jahrzehnten zu den beliebtesten Trainingstools ambitionierter Kletterer. Aber auch absolute Einsteiger fühlen sich manchmal magisch angezogen und wollen ihre Kraft austesten. Gleichzeitig wissen die Wenigsten, was und wie man hier eigentlich am besten trainiert. Klar scheint nur zu sein, dass das Board für starke Finger sorgt. Aber schon das ist nur zum Teil richtig. Stimmen die Methoden, lässt sich viel mehr aus dem Training herausholen. Stimmen sie nicht, kann es schmerzhaft werden.

Fingerkraft ist nicht gleich Fingerkraft

Die vielleicht am weitesten verbreitete falsche Vorstellung ist, dass es sich beim Campusboard um das beste Tool zur Stärkung der Finger handelt. Zumindest wenn man darunter versteht, nach ein paar Wochen immer schlechtere Griffe festhalten und dadurch schwerer klettern zu können. Sieht man von Einsteigern ab, die noch sehr großes Potenzial bei der Entwicklung ihrer Fingerkraft haben, gibt es in diesem Punkt am Campusboard wenig zu holen. Spätestens, wenn du die kleinsten Leisten am Board für einige Zeit statisch halten kannst, sind kaum noch Kraftzuwächse zu erwarten. Die für das Zukneifen kleinster Griffe nötige Maximalkraft ist dann über den Anspruch des Campusboards hinausgewachsen.

Statisches Halten und Hängen sind aber ohnehin Dinge, die eigentlich nicht zum Repertoire der klassischen Campusboard-Übungen gehören. Ein Dutzend übereinander angebrachte Leisten laden eher dazu ein, hangelnd zu trainieren. Die Einsteiger, die zum ersten Mal ans Board gehen, um auszuprobieren, ob sie es nach oben schaffen, sind damit also auf der richtigen Fährte.

Perfektes Tool für Explosivität

Die meisten campusboardtypischen Übungen sind entweder eine Variante des Hangels oder des Weiterschnappens mit beiden Händen. Das wirkt sich auf die trainierte Kraftart aus. Während beim normalen Hängen die Aktivierungsgeschwindigkeit der Muskulatur keine große Rolle spielt, ist sie bei Hangelübungen und Dynos zentral. Schließlich muss es hier immer schnell gehen. Gelingt es dir nicht, mit ausreichend Tempo anzuziehen, kommst du an der nächsten Leiste nicht an. Erwischst du sie, kannst die Finger aber nicht augenblicklich schließen und Kraft aufbauen, rutschst du ab. Das gilt umso mehr, wenn du beginnst, immer weitere Züge zu probieren, indem du Leisten auslässt.

Genau für diese Art des dynamischen Trainings ist das Campusboard perfekt geeignet. Nimmst du derartige Übungen für eine Weile in dein Programm auf, wird es dir leichter fallen, explosiv anzuziehen und unmittelbar Kraft auf einen Griff zu bringen, sobald du ihn erreichst. Wertvoll ist das, wann immer du es mit einem Boulder zu tun bekommst, bei dem du dich mit viel Schwung zwischen weit entfernten Griffen bewegst. Der moderne Hallen-Boulderstil lässt grüßen. Weil sich aber die vorhande Maximalkraft kaum verändert, sie nur schneller abgerufen werden kann, bringt das Campusboard für klassisches Gezerre an winzigen Griffchen wenig.

Statisch? Geht hier auch. Aber nicht nur hier.

Natürlich kann man auch am Campusboard die statische Haltekraft trainieren. Einfach zu Hängen ist ja nicht verboten. Fingerboards sind für diesen Zweck aber schon allein durch die größere Auswahl unterschiedlicher Griffe viel besser geeignet. Geht es dir also darum, deine Finger auf kleine und schlechte Griffe vorzubereiten, indem du deine Maximalkraft oder die Kraftausdauer steigerst, bist du dort besser aufgehoben.

Vorsicht! Verletzungsgefahr!

Wenn du deine Schnellkraft verbessern willst, ist das Campusboard das beste kletterspezifische Tool dafür. Leider hat es das Training in sich. Dynamische Züge an mehr oder weniger kleinen Griffen stellen neben den Fingern auch die Ellenbogen und Schultern auf eine harte Probe. Ist der Körper noch nicht auf diese Belastung vorbereitet, sind Verletzungen vorprogrammiert. Aber selbst Kletterer mit mehrjähriger Trainingserfahrung sind davor nicht sicher, wenn sie zu viel wollen. Um die Explosivität zu verbessern, braucht es keine endlos langen Trainingseinheiten. Stattdessen sind kurze Session, die mit voller Konzentration durchgeführt werden, die richtige Wahl. Sich am Ende einer Einheit am Board auszupowern, ist hingegen keine gute Idee.

Als Kletterneuling solltest du vom dynamischen Training aufgrund der Verletzungsgefahr Abstand nehmen. Es gibt aber andere Wege, das Campusboard sinnvoll für dich zu nutzen. Entsprechende Übungen habe ich in folgendem Video vorgestellt.

Falls du mehr Übungen suchst und lernen möchtest, wie du dir einen auf dich zugeschnittenen Trainingsplan zusammenstellen kannst, empfehle ich dir mein Buch Bouldertraining.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert